Aus: Buchstabe Je
10.
Der du in dem Gau der Schenke
Ein bestimmtes Plätzchen hast,
Bist der Dschem der eig'nen Zeiten1
Hast den Becher du erfasst.
Der du Tag und Nacht verbringest
Mit des Freundes Wang' und Haar,
Freue dich: schön ist dein Morgen
Und dein Abend schön fürwahr!
Du auch der bei'm Herzgeliebten
Dir erkohrst die Einsamkeit,
Nütze den Moment, den kurzen,
Der was du gewünscht, dir beut!
Ostwind, die Verbrannten2 fragen,
Harrend an des Weges Rand,
Ob vom Freunde, dem verreis'ten,
Kunde ward durch dich gesandt?
Sag' ihm: »Wenn zur Zeit der Treue
Du auch nimmer standhaft bliebst,
Will ich dankbar doch erkennen
Dass du treulich Härte üb'st.«3
Ein gar schönes Korn der Wonne
Ist dein grünes Maal; allein
Was, ach, hast du denn für Netze
Dort an seinem Wiesenrain?4
Aus des Glases Lächelmunde
Weht ein Seelenduft mich an:
Saug' auch du ihn ein, o Meister,
Hast du ein Geruchsorgan.
Wenn ein Fremder einen Namen
Von dir wünscht5, wird's unrecht sein?
Hast in dieser Stadt doch heute
Einen Namen du allein.
Schützen wird es deine Seele
Betest viel am Morgen du:
Bringt ja auch Hafis, dein Sclave,
Wachend seine Nächte zu.
1 D.h. Bist dein eigener Herr und König.
2 D.i. Die Verliebten.
3 Diese Stelle kann auch heissen: dass du ein Mittel gegen die Härte
besitzest.
4 Die Locken sind diese Netze, die an der Wiese des Flaumes aufgestellt
sind, an deren Raine das frische Maal sich befindet.
5 D.h. Wenn dich ein Fremder um den Namen irgend eines Mannes frägt.
|