Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Te

34.

Herr! aus wessen Köschke schimmert
Dieser Herzensfackel Schein?1

Sie entflammte meine Seele:
Wessen Liebchen mag sie sein?

Es zerstört mir jetzt den Glauben
Und das Herz vom Grunde aus,

Denke ich, wer sie umarmet,
Und mit ihr bewohnt Ein Haus?

Der Rubinwein ihrer Lippe,
(Sei er nie der meinen fern!)

Wen beseelt er, und mit wessen
Glas verbündet er sich gern?

Jeder sucht sie zu bezaubern,
Doch noch wurde nicht bekannt,

Wer es sei, zu dessen Mährchen
Sie ihr zartes Herz gewandt?

 Jener Fürst mit Mondeswangen
Und der Venusstirn, o Herr,

Wessen kostbareinz'ge Perle,
Wessen Edelstein ist er?

Glück strahlt jenes Licht auf Jeden,
Der in seiner Nähe weilt:

Aber fragt um Gotteswillen,
Wer dazu ihm Macht ertheilt?2

»Weh Hafisens Narrenherzen
- Sprach ich - lässt du es allein!«

Und verstohlen lachend sprach er:
»Wessen Narr mag der wohl sein?«
 

1 D.h.: Wer ist der Vater meines Geliebten?

2 D.h.: Wem vom ewigen Schicksal die Macht, d.i. das Glück zu Theil wurde, sich von dem Lichte seiner Nähe bescheinen lassen zu dürfen? - Perwane heisst ein Machtbrief, ein kaiserliches Handschreiben; es heisst aber auch Nachtfalter, dessen Liebe zum unmittelbar vorher erwähnten Lichte eine bekannte persische Mythe bildet, weswegen es vom Dichter vorsätzlich gebraucht wurde.

 

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