Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Te

56.

Des Festes Eintritt sei gesegnet dir, o Schenke;

Doch des gegeb'nen Wort's erinn're du dich auch!

Grüss' mir der Rebe Kind und sprich zu ihm: »Erscheine!

Denn es entband vom Gram dich meines Strebens Hauch.1

Dass du das Herz gehabt - dies setzt mich in Erstaunen -

Das Herz so lange Zeit den Freunden zu entzieh'n.

Gottlob, der Herbstwind that nicht Schaden deinem Garten,

Wo Buchs und Rose blüh'n, Zipressen und Jasmin.

Fern sei der böse Blick! Vor jenem Sturm bewahrte

Dich dein gerühmter Stern, dein angebornes Glück.

Mit deiner Ankunft kömmt der Frohsinn in die Kreise:

Will dir ein Herz nicht wohl, so treff' es Missgeschick!«

Hafis, lass aus der Hand dies Noëschiff2 nicht gleiten,

Sonst schwemmt dein Haus dir weg die Sündfluth böser Zeiten.
 

1 Wie der Hauch des Ostwindes die Rose aus den Banden befreit, in denen sie als Knospe gefesselt war, eben so ist es jetzt, sagt Hafis, scherzweise, gleichsam meinem Streben, meiner Grossmuth zu danken, dass der Wein die Tochter der Rebe, deren Genuss während des Fastenmondes verboten war, nun, wo das Bairamsfest eintrat, wieder erlaubt wurde; wie dieses zur Zeit Schah Schedscha's der Fall war, der den Wein sehr liebte.

2 D.i.: Das Weingefäss, so genannt, weil Noë für den Erfinder des Weines gilt und manche Trinkgefässe die Form eines Nachens haben.

 

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