Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe Te

67.

Stets berauschen mich die Düfte
Deines krausen Lockenhaars;

Stets verwüstet mich die Schlauheit
Deines Zauberaugenpaars.

Könnt', o Herr, nach solchem Dulden
Einmal nur des Nachts ich schau'n

Meines Auges Kerze brennen
Auf dem Altar deiner Brau'n!

Meines Auges schwarze Scheibe1
Wird von mir so hochgeehrt,

Weil der Seele sie ein Abbild
Deines Indermaals2 gewährt.

Willst du dieses ganze Weltall
Schmücken mit der reichsten Zier,

Sag' dem Ost, er heb' ein wenig
Vom Gesicht den Schleier dir!

 Wünsch'st du das Gesetz des Todes
Aufzuheben ganz und gar,

Schüttle dich, und tausend Seelen
Fallen dir aus jedem Haar.

Zwei verwirrte Thoren sind wir,
Ich und jene Morgenluft:

Mich berauscht dein Schelmenauge,
Sie berauscht dein Lockenduft.

O des hohen Sinn's Hafisens!
Hier so wie in jener Welt

Ist's der Staub nur deines Dorfes,
Der ihm in das Auge fällt.3
 

1 D.i. Augenstern. Im Originale steht eigentlich statt Scheibe: Brett, Malerbrett, in Bezug auf das gleich darauf erwähnte Abbild.

2 D.i. deines Maales, braun wie die Hautfarbe der Inder.

3 D.h.: Hafis beachtet und verlangt von allen Gütern dieser und jener Welt nur den Staub deines Dorfes.

 

zurück