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      Alma Heismann  
      (1885-1943) 
       
       
      Inhaltsverzeichnis der Gedichte: 
 
 
        - 
      
      
      Von meinen Müttern wurde mir 
      die Gabe  
        - 
      
      
      Könnt ich die Stunde noch 
      einmal durchleben  
        - 
      
      
      Wir waren, wie in stiller 
      Sakristei  
        - 
      
      
      Mich trägt dein tapfres 
      Mannesherz so zart  
        - 
      
      
      Wie süß klang uns die kleinste 
      Vogelweise  
        - 
      
      
      Ich gehe nur auf Sternenwegen 
      hin  
        - 
      
      
      Ich liebe dich! Der Weltenraum 
      ist leer  
        - 
      
      
      Wir stehen Stirn an Stirn und 
      Brust an Brust  
        - 
      
      
      Denn: Gottes warmes Herzblut 
      sind wir ja  
        - 
      
      
      Ein Kleinod tragen wir. Laßt 
      uns nicht beben!  
        - 
      
      
      Hier jagen Schwalben durch 
      die Sommerhelle  
        - 
      
      
      Wenn wir an frostgespanntem 
      Wintertage  
        - 
      
      
      Der Gottheit Abbild sind wir, 
      wenn wir lieben  
        - 
      
      
      O, hilf mir heute! Ich bin 
      ohne Trost  
        - 
      
      
      Wie Maienwald vor schwarzer 
      Himmelswand  
        - 
      
      
      Die Frage, die den Schlaf der 
      Nacht mir raubt  
        - 
      
      
      Ich singe eine Weise, herb 
      und schwer  
        - 
      
      
      Es gibt Gesetze, die sich nur 
      dem Leid  
        - 
      
      
      Ein Abglanz jener königlichen 
      Sonnen  
        - 
      
      
      Aus Brunnenfinsternis der 
      Einsamkeit  
        - 
      
      
      Der Tag ist wieder Tag und 
      Nacht die Nacht  
        - 
      
      
      Zwei Menschenherzen! 
      Liebewarme Wiege  
        - 
      
      
      Wie nichts, was sein wird, 
      allem Ja entrückt  
        - 
      
      
      Dies, du Geliebter: daß wir 
      beide lieben  
        - 
      
      
      Wir sind die beiden, die 
      einander wählten  
        - 
      
      
      Bliebst du ihr treuer Sohn? 
      Fandst du die Spur  
        - 
      
      
      Du! Freiheit und Gesetz mir; 
      Zwang und Wahl  
        - 
      
      
      Du siehst das hohe Ziel. Ich 
      sehe dich  
        - 
      
      
      Belehnt mit solcher 
      Königsbürde Macht  
        - 
      
      
      Kein Ruhn ist in der Liebe, 
      keine Schonung  
        - 
      
      
      Sie gleichen immer adligen 
      Verbannten  
        - 
      
      
      Jenseits der Satzungen, die 
      Menschen schufen  
        - 
      
      
      Der Erde sind sie holde 
      Hochgesänge  
        - 
      
      
      Da muß sie geben ohne Maß und 
      Schranken  
        - 
      
      
      Den Engeln, Menschen, Teufeln 
      preisgegeben  
        - 
      
      
      Ihr großen Liebenden, Ihr 
      Menschensonnen!  
        - 
      
      
      Urnächtige Mutter unsres 
      Lebens! Du  
       
      
       
      
       
       
      Sonette einer Liebenden 
       
      1. 
      Von meinen Müttern wurde mir die Gabe, 
      Um Fernes und um Künftiges zu wissen. 
      Oft fühl ich's nur. Oft seh ich's klar umrissen, 
      Als ob ich selbst es hingezeichnet habe. 
       
      So las ich wie auf heiligem Runenstabe 
      In meines Lebens harten Kümmernissen 
      Den Spruch von nahem Zukunftsflaggenhissen, 
      Von Osterherrlichkeit nach düsterm Grabe. 
       
      Doch als noch Mut und Zagheit in mir stritten, 
      Geschah es, daß der Blick sich ganz mir klärte; 
      Und ich erschrak bis in das Mark hinein. 
       
      Ich hatte so durch Liebe schon gelitten, 
      Daß ich aus ihrer Hand nichts mehr begehrte 
      Und mich in jäher Abwehr straffte: "Nein!" 
      (S. 39) 
      _____ 
       
      
       
       
      2. 
      Könnt ich die Stunde noch einmal durchleben, 
      Die unsre Seelen so zusammenzahnte, 
      Daß alle Angst, die an Vergangnes mahnte, 
      Zerrann in scheuen Glückes erstem Beben. 
       
      Wir brauchten keine Fremdheit zu beheben. 
      Als wenn ein Lichtstrahl seinen Weg sich bahnte 
      Dahin, wo er die junge Erde ahnte, 
      So fühlten wir uns zueinander streben. 
       
      Wir sahn uns an und waren uns vertraut, 
      Als seien wir so ewig hingegangen 
      In Unschuld eines an des andern Seite. 
       
      Auf unsrer Herzen hellen Jubellaut 
      Lauschten wir kinderfroh und unbefangen, 
      Weil unser großer Feiertag uns weihte. 
      (S. 40) 
      _____ 
       
      
       
       
      3. 
      Wir waren, wie in stiller Sakristei, 
      Entrückt nach irdisch wägendem Verstand. 
      Als wir erkannten, was uns machtvoll band, 
      War alle Umkehrmöglichkeit vorbei. 
       
      Du nahmst es klaren Auges, männlich frei, 
      Daß unser Ich zu seinem Du sich fand. 
      Du warst in deines Herzens Heimatland 
      Nach vieler Jahre schwerem Einerlei. 
       
      Ich aber wußte meiner Not nicht Rat: 
      Es schlug in mir kein Puls, der dich nicht dachte; 
      Und du warst so unwiderruflich mein, 
       
      Daß alles uns gedieh wie Göttersaat. 
      Doch, was uns Leben erst zum Leben machte, 
      Griff schwer in andrer Wesen Leben ein. 
      (S. 41) 
      _____ 
       
      
       
       
      4. 
      Mich trägt dein tapfres Mannesherz so zart, 
      Wie eine Mutter ihr geliebtes Kind. 
      Ob es gehörlos ist, ob blöd und blind, 
      Es fühlt doch seines Engels Gegenwart. 
       
      Ich atme deiner Liebe hohe Art 
      Mit jeder Pore ein wie Frühlingswind. 
      Unwiderstehlich froh bist du und lind. 
      Du triffst durch Krusten, die wie Eisen hart. 
       
      Einschläfern läßt sich Vorsatz, Zorn, Wunsch, Reue, 
      Doch leidgehärterter Erkenntnis Flamme 
      Wacht gnadenlos vor jedem Paradies. 
       
      Du sahst die Hüterin an, leuchtend in Treue, 
      Furchtlos; gewiß, daß sie dich nicht verdamme. 
      Da sprang die Pforte auf, wie Gott verhieß. 
      (S. 42) 
      _____ 
       
      
       
       
      5. 
      Wie süß klang uns die kleinste Vogelweise, 
      Wenn wir in großem Glücke schweigend standen. 
      Kein Platz, an dem wir nicht den Himmel fanden, 
      War eins nur in des andern Zauberkreise. 
       
      Die Brombeerranken streichelten uns leise 
      Und nickten, wenn wir ihnen uns entwanden. 
      Der Wald lag in des Frühlings goldnen Banden. 
      Er koste uns mit jedem grünen Reise. 
       
      Uns summten Freundschaft Wespen selbst und Immen, 
      Und Schlänglein ringelten die flinken Glieder, 
      Kaninchen lugten freundlich, ohne Scheu. 
       
      Wir kannten aller Wesen Herzensstimmen, 
      Mit unsrer Liebe stieg die Schönheit nieder 
      Und schuf die alte Erde wieder neu. 
      (S. 43) 
      _____ 
       
      
       
       
      6. 
      Ich gehe nun auf Sternenwegen hin. 
      Dort schwebt die kleine Erde, ganz umflossen 
      Von allem Lichte, das je ausgegossen 
      Seit dieser Weltenschöpfung Urbeginn. 
       
      Das dunkle All hat einen neuen Sinn, 
      Seit deine Hände sich um meine schlossen. 
      Da Sonne und Atom nun Gott entsprossen, 
      Weiß ich, was alles ist und wer ich bin. 
       
      Und wenn du Güte lächelst und Entzücken 
      Und jeden Blick mir tausendfältig lohnst 
      Mit Liebe, raum- und zeit- und grenzenlos: 
       
      Weil du Gott nah bist, kannst du so beglücken. 
      Du blühst in meiner Seele auf, du wohnst 
      In mir, ganz heilig, götterschön und groß. 
      (S. 44) 
      _____ 
       
      
       
       
      7. 
      Ich liebe dich! Der Weltenraum ist leer 
      Und faßt doch alles Leben: dich und mich. 
      Das ist die Ewigkeit: Ich liebe dich. 
      Nur noch der Tod wiegt wie dies Wort so schwer. 
       
      Es kommt aus nie erkannten Tiefen her, 
      Als nichts noch war, eh Licht vom Dunkel wich. 
      Es nimmt die Zeit hinweg; es ruht in sich. 
      Nicht mehr ist Nacht noch Tages Wiederkehr. 
       
      Nicht Bergesgipfel ist noch Talesgrund. 
      Nicht Kalt noch Warm. Und Anfang nicht noch Ende. 
      Kein Fern, kein Nah. Kein Dort und auch kein Hier. 
       
      Es ist nur deine Stirn, dein Herz, dein Mund. 
      Nur deine Augen sind, nur deine Hände. 
      Nur du bist. Du bist, und ich bin bei dir. 
      (S. 45) 
      _____ 
       
      
       
       
      8. 
      Wir stehen Stirn an Stirn und Brust an Brust, 
      Verfolgte Kinder aus der Liebe Land. 
      Wir sind einander heiliges Gottespfand. 
      Wir sind einander süße Herzenslust. 
       
      Von so viel Trennung haben wir gewußt, 
      Eh du mich fandest, und eh - ich dich fand: 
      Füllhorn der Zärtlichkeit ist deine Hand, 
      Ob ich dir lächle, ob du trösten mußt. 
       
      In Zeit und Nicht-Zeit will ich bei dir stehen, 
      Will meine frohen Arme um dich legen 
      Und Heimatmärchen in dein Ohr Dir singen. 
       
      Wenn wir uns fehlen, muß die Welt vergehen. 
      Sie kann, in Eis geschlagen, sich nicht regen, 
      Wenn unsre Seelen nicht zusammenklingen. 
      (S. 46) 
      _____ 
       
      
       
       
      9. 
      Denn: Gottes warmes Herzblut sind wir ja 
      In einer - ach! so heimatfernen Welt. 
      Wenn sie durch Haß und Krieg sich selbst entstellt: 
      Wir sind dem Sinn des Lebens innig nah. 
       
      An eines goldnen Alphabetes A 
      Stehn wir, von junger Gläubigkeit durchwellt; 
      In Licht und Nacht einander so gesellt - 
      Aufgang einander, der durch Gott geschah - 
       
      Vom andern jedes also tief geliebt 
      Und also bräutlich süß und zart gehegt, 
      So leidverachtend, leidgeübt, erstritten: 
       
      Das Treuewort, das eins dem andern gibt, 
      Ist Amseljubel, der den Frühling trägt; 
      Ist Weihesang wie Vaterunserbitten. 
      (S. 47) 
      _____ 
       
      
       
       
      10. 
      Ein Kleinod tragen wir. Laßt uns nicht beben! 
      Laßt uns vor seiner Herrlichkeit nicht bangen! 
      Nicht vor Gefahren, die uns überhangen 
      Und dunklen Grund für seine Schönheit geben. 
       
      Geschicke gibt es, die zum Himmel heben, 
      Wenn Menschenschritte auch in Not verklangen. 
      Ist einmal schon die Rechnung aufgegangen 
      Im Wechselspiele ungezählter Leben? 
       
      Durch Weltenalter trägt uns eine Welle, 
      Und jeder Tag beginnt mit einer Nacht: 
      In Schuld, in Reinheit, frei, gebeugt von Bürde, 
       
      Erfahren wir Glücksanstieg und -gefälle, 
      Ob wir - ob nicht - das Kleinod heimgebracht: 
      Nur das ist Untergang - nur das ist Würde. 
      (S. 48) 
      _____ 
       
      
       
       
      11. 
      Hier jagen Schwalben durch die Sommerhelle. 
      Goldammer lockt. Lockt sanft und sehnsuchtsvoll. 
      Ihr kindlich klares Vogellied in Moll 
      Erquickt wie eines Waldbachs klare Quelle. 
       
      So still, so sonntagsfroh ist diese Stelle, 
      Sag, Liebster, wie ich sie dir weihen soll. 
      Des D-Zugs hart verhallendes Geroll 
      Entführt die Welt. Hier ist die Himmelsschwelle. 
       
      Hier kann ich alles Lieblichste dir sagen 
      Und mich in allem Innigsten verschwenden, 
      Das je mein Herz, dir nah, für dich ersann. 
       
      Ich höre Stunden schon von morgen schlagen, 
      Die unser hohes Jahr so ernst vollenden, 
      Daß ich dir jede Süße geben kann. 
      (S. 49) 
      _____ 
       
      
       
       
      12. 
      Wenn wir an frostgespanntem Wintertage 
      Durch unsrer Heimat weiße Wälder gingen, 
      Dann hörten wir das Leben in uns singen 
      Wie Märchen hold und groß wie Heldensage. 
       
      Die Welt war göttlich, ohne Leid und Klage; 
      Und Botschaft, wie sie Engelwesen bringen 
      In heilger Nacht auf lichtgesäumten Schwingen, 
      War jedes Wort und jede Liebesfrage. 
       
      So - beieinader wie in Gottes Herzen - 
      Der Erde nah, vertraut den Sonnen, Sternen, 
      Durchschritten wir in warmer Zweisamkeit, 
       
      In glückgelösten, herrlich frischen Terzen, 
      Ergreifend Gegenwart und Zukunftsfernen, 
      Des Jahrs geheimnisvollste, reichste Zeit. 
      (S. 50) 
      _____ 
       
      
       
       
      13. 
      Der Gottheit Abbild sind wir, wenn wir lieben - 
      Den ewigen Gesetzen fromm gefügt, 
      Entgleitend jedem Menschenwerk, das lügt, 
      Und allem Wesentlichen zugetrieben. 
       
      Viel reifres Wissen ward uns eingeschrieben 
      Als es der Schärfe des Verstands genügt. 
      Geliebter! Kompaß, der nicht irrt noch trügt! 
      Dem nie der Dinge Grenzen sich verschieben. 
       
      Wenn deine Stirn sich meiner Stirne neigte, 
      Berührten Himmel sich und Erdenrund. 
      Dein Auge war der wunderbare Spiegel, 
       
      Der mir den Urgrund alles Lebens zeigte. 
      Der Weltenseele Pulsschlag war uns kund, 
      Und unser Herz war tiefster Weisheit Tiegel. 
      (S. 51) 
      _____ 
       
      
       
       
      14. 
      O, hilf mir heute! Ich bin ohne Trost, 
      Und einer Träne Wohltat wird mir nicht. 
      Ratlos in Qual erstarrt ist mein Gesicht, 
      Das jeder deiner Blicke zart liebkost. 
       
      Wählt, wer der Liebe Götterglück erlost 
      Und fest sein Ja zu solcher Schickung spricht, 
      Stets auch der Trennung furchtbares Gericht? 
      Den Sturm, der seinen Blütenbaum zertost? 
       
      Mich hat dein stilles Schmerzenswort verstört - 
      Wer liebt - ach! - ist so leicht zu überrennen - 
      Es traf mich mitten in das Herz hinein. 
       
      Doch du, der einzig meinen Aufschrei hört, 
      Geliebter, sag mir: Kann, daß wir uns trennen, 
      Wir beide! kann das Gottes Wille sein? 
      (S. 52) 
      _____ 
       
      
       
       
      15. 
      Wie Maienwald vor schwarzer Himmelswand 
      Steh ich vor meines Schicksals Eisenschwere, 
      Vor seiner Augen zukunftsloser Leere, 
      Wie ewig Leben vor Vernichtung stand. 
       
      Gesegnet süßes Leben, Sommerland, 
      Ansetzend schon zu Apfel, Kern und Beere, 
      Warm, daß es tausendfältig sich vermehre, 
      Gebettet in der Weltenmutter Hand. 
       
      Durchpulst von ihres eignen Blutes Saft; 
      Durchbebt von ihres eigenen Herzens Träumen; 
      Ihr Kind, ihr tiefer Ernst; ihr holdes Spiel. 
       
      Beglückend junger Funke ihrer Kraft; 
      Tropfen aus ihres großen Lebens Schäumen 
      Und ihrer Liebe ewig gleiches Ziel. 
      (S. 53) 
      _____ 
       
      
       
       
      16. 
      Die Frage, die den Schlaf der Nacht mir raubt 
      Und tags mich aufschreckt wie Gespensternahn, 
      Abwechselnd mich ergreift wie Fieberwahn 
      Und mich in kalte Seelenfolter schraubt; 
       
      Die mir kein Atemholen mehr erlaubt; 
      Mich hinjagt wie auf blanker Eisesbahn; 
      Mich zwingen will, als Schicksal zu bejahn, 
      Woran wir unsres Lebens Sinn zerstaubt: 
       
      Sie ändert ihren Blick und ihr Gesicht, 
      Die Frage: Müssen, dürfen wir uns trennen? 
      Und grauenvoll zweischneidig ist ihr Rat. 
       
      Ich glaub ihr jetzt - und jetzt schon wieder nicht. 
      Ihr wahres Wesen kann ich nicht erkennen. 
      Sie scheint mir Golgatha und Kainstat. 
      (S. 54) 
      _____ 
       
      
       
       
      17. 
      Ich singe eine Weise, herb und schwer. 
      Ihr Rhythmus ist der Herztakt tiefster Not. 
      Sie weint. Sie bricht hart ab. Sie stöhnt, sie droht. 
      Sie schluchzt. Sie schwillt und ebbt und schwillt wie Meer. 
       
      Sie ist Marias Klage, tränenleer, 
      Und Schrei, der von Empörerlippen loht. 
      Weltuntergang, verzuckend gelb und rot, 
      Orest. Prometheus. Loki. Luzifer. 
       
      Ist alle, die um Himmel Höllen litten. 
      Ist alle, die am Marterpfählen schwiegen. 
      Ist alle, die durch Feuertode gingen. 
       
      Mein Schritt ist eingereiht nun ihren Schritten. 
      Mit ihnen muß ich leben, sterben, siegen. 
      Ihr Lied muß ich aus wunder Seele singen. 
      (S. 55) 
      _____ 
       
      
       
       
      18. 
      Es gibt Gesetze, die sich nur dem Leid 
      Und nur der heißen Qual sich offenbaren. 
      Nur, wo wir aller Schrecken Opfer waren, 
      Empfangen wir der Weihe Sternenkleid. 
       
      Und bindender als Fahnenschwur und Eid, 
      Und Ketten sprengend, gleich den wunderbaren 
      Gesängen hoher, weihnachtlicher Scharen, 
      Ist ihr unwiderruflicher Entscheid. 
       
      An ihrer Wahrheit felsenhafter Größe 
      Muß Zweifel sommerwellenmatt zerrinnen 
      Und wie ein blasses Wolkenbild zergehn. 
       
      Denn Menschenmacht bannt nicht Gewissensstöße; 
      Erlösungswunder kann man nicht ersinnen; 
      Und dem Karfreitag nur folgt Auferstehn. 
      (S. 56) 
      _____ 
       
       
       
      19. 
      Ein Abglanz jener königlichen Sonnen, 
      Bei deren erstem Strahl die Erde bebt - 
      Ihr fassungsloser Schrei: Er lebt! er lebt! 
      Ist würgend noch den Ängsten abgewonnen. 
       
      Halb in Verzweiflungsspuk noch eingesponnen 
      Und von Dämonenfratzen noch umschwebt, 
      Grüßt sie das Licht, das neue Welten hebt, 
      Und ist der Nacht Umklammerung entronnen -: 
       
      Ein solcher Abglanz traf mich. Wie im Traum, 
      An deines Rufes sicherem Geleit, 
      Fahr ich, durch aller Seelenfarben Schleier, 
       
      Von schwerem Wolkenblau zu Rosenflaum, 
      Hinein in deiner Liebe Wirklichkeit, 
      In unsres Wiedersehens Osterfeier. 
      (S. 57) 
      _____ 
       
       
       
      20. 
      Aus Brunnenfinsternis der Einsamkeit 
      An deines Herzens warmen Hort gezogen, 
      Durchmißt mein Herz in schwindelsteilem Bogen 
      Äonenflugbahn in Minutenzeit. 
       
      In einem sinkend in Geborgenheit 
      Und ganz in süße Stille eingesogen - 
      Und steigend auf berauschend starken Wogen; 
      Mit dir zu neuem Erdentag bereit. 
       
      Des Frühlings Holdheit, Veilchen, Vogellieder - 
      Was ewig Seelensaiten jauchzen läßt, 
      Wird wieder wahr in deines Arms Umringung. 
       
      Ich selber sing und leucht und blüh mir wieder. 
      Wie aus des Schmerzes Tempel in ein Fest 
      Tret ich in deines - unsres Lebens Schwingung. 
      (S. 58) 
      _____ 
       
       
       
      21. 
      Der Tag ist wieder Tag und Nacht die Nacht 
      Und schöner Zweiklang ihres Wechsels Schritt. 
      Der Erdenwesen Füße schreiten mit 
      Und ruhn, in göttlich edles Maß gebracht. 
       
      Es schwillt und reift das Jahr von Pracht zu Pracht 
      Nach dieses Sommers schicksalhaftem Ritt. 
      Kein Kernlein, das dem Lebensstrom entglitt. 
      Zu Jubelfeuern ist der Herbst entfacht. 
       
      Und Menschenaugen strahlen uns zurück, 
      Was wir gelebt, gewollt gefühlt, ertragen - 
      Verschwistert - unsern Augen ganz erhellt. 
       
      Ach, jeder Atemzug ist wieder Glück! 
      Wenn unsre Herzen aneinander schlagen, 
      Ist Gottes Ordnung wiederhergestellt. 
      (S. 59) 
      _____ 
       
       
       
      22. 
      Zwei Menschenherzen! Liebewarme Wiege, 
      Den Keim für alles Heilige zu hegen. 
      Durch ihn erwählt; geadelt; Wunder; Segen; 
      Nach tausend Niederlagen Mut zum Siege. 
       
      Wär Gott gestorben; oder wenn er schwiege, 
      Zermürbt von weltenweiten Wanderwegen; 
      Und höhnte seiner Herrlichkeit entgegen 
      Der Elendstage lange Rumpelstiege: 
       
      Erweckende Magie des Wortes Du! 
      Um dessen zauberdunkle Tiefe schweben 
      Gestalten, die erzengelmächtig sind. 
       
      Er müßte, aufgeschreckt aus schwerer Ruh, 
      In unsern Herzen heimlich wieder leben 
      Und lächeln, scheu und zärtlich wie ein Kind. 
      (S. 60) 
      _____ 
       
       
       
      23. 
      Wie nichts, was sein wird, allem Ja entrückt, 
      Geheimnis, ein Geschenk aus Götterhänden, 
      Erhöht weit über Kargen und Verschwenden, 
      Ist dieser Tage Seele unzerstückt. 
       
      Und unser Wesen, sonnenhaft durchglückt, 
      Scheint ohne Anbeginn und ohne Enden. 
      Wir werden - über Schicksalswellen, - wenden - 
      Uns Siegel, tief einander eingedrückt. 
       
      Die Stunden sind wie apfelschwere Zweige 
      Und knospen schon an jedem jungen Triebe 
      Zu schönrer, köstlicherer Früchte Duft. 
       
      Und ob ich singe; ob ich atme; schweige: 
      Ich stehe in dem Himmel deiner Liebe, 
      Wie Blumen stehen in der Sommerluft. 
      (S. 61) 
      _____ 
       
       
       
      24. 
      Dies, du Geliebter: daß wir beide lieben, 
      Als wären wir allein, und nichts als wir 
      Wär auf der Schöpfung schimmerndes Papier 
      Als Gottes füllendes Gedicht geschrieben. 
       
      Und wenn wir fühlend, segnend wurzeln blieben 
      In Bäumen, Gräsern, Blumen, Stein und Tier: 
      Sie sind die Erde, sind die warmen Vier; 
      In dir allein ist alles: Eins und Sieben -: 
       
      Dies Wunder, mit der Feuerkraft der Qual 
      Und mit des Lindenhauches Honigsüße, 
      Reißt uns in unsrer Seelen reinsten Grund. 
       
      Nicht unser sind wir. Wir sind Gottes Zahl. 
      Einst sehn wir dieser Wahrheit goldne Füße. 
      Nun lächelt uns ihr Auge, spricht ihr Mund. 
      (S. 62) 
      _____ 
       
       
       
      25. 
      Wir sind die beiden, die einander wählten, 
      Eh noch aus Weltennacht das Licht sich kernte 
      Als Kraft zu neuem Blühn und neuer Ernte, 
      Eh Glut und Eis zur Zeugung sich vermählten. 
       
      Ob Leben uns beseligten, uns quälten: 
      Dein Antlitz war das Buch, daraus ich lernte. 
      Noch Leidesdunkel golden übersternte, 
      Was die geliebten Züge mir erzählten. 
       
      Der Einklang unsrer Herzen ist so rein, 
      So todesstark und so unwandelbar: 
      Er nährt sich nicht von Glück und Helligkeiten. 
       
      Wir durften Zeugen einer Heimat sein, 
      Die ist und sein wird - wie sie ewig war, 
      Und eines Ursprungs jenseits aller Zeiten. 
      (S. 63) 
      _____ 
       
       
       
      26. 
      Bliebst du ihr treuer Sohn? Fandst du die Spur 
      Zu dieser Heimat wieder, heller Schreiter? 
      Bezwingend schön auf deiner Stirne, heiter, 
      Liegt noch das Leuchten ihrer Gottnatur. 
       
      Du siehst im Zufallsperlenkranz die Schnur. 
      Durch Geisterdumpfheit gehst du, ein Befreiter. 
      Wo weilte ich, wärst du nicht mein Begleiter? 
      Ich, Moll zu deinem edlen, klaren Dur. 
       
      Ich bin die Erbin ihrer Dunkelheiten. 
      Ich bin die Frau, muß ihrer Quellen walten; 
      Muß hüten, was aus Urborntiefen fließt. 
       
      Muß über uns die Hände bannend breiten 
      Und so voll Liebeskraft in deine falten, 
      Wie betend fest ein Kind den Stromkreis schließt. 
      (S. 64) 
      _____ 
       
       
       
      27. 
      Du! Freiheit und Gesetz mir; Zwang und Wahl, 
      Erfüllung du mir über Wunsch und Traum, 
      Keim, Knospe, Blüte, Blatt und Frucht und Baum, 
      Geheimnis, Offenbarung, Gold und Stahl! 
       
      Dein Herz ward mir zum heiligenden Gral; 
      In deinem Blick, an deines Lächelns Saum 
      Zum warmen Herzen mir der Sternenraum, 
      Geliebter, Bruder, Vater, Sohn, Gemahl! 
       
      Von deines Lebensstromes Kraft getragen, 
      Gezeitenlos, gelassen, schätzeschwer 
      Zieht meiner Liebe Barke groß dahin, 
       
      Bewegt durch deiner Wellen starkes Schlagen, 
      Erhoben über Tag und Ungefähr. 
      Du wogst und wächst und reifst und wirst. Ich bin. 
      (S. 65) 
      _____ 
       
       
       
      28. 
      Du siehst das hohe Ziel. Ich sehe dich 
      Und bin in Herzensmitte alles Seins. 
      Weg, Wanderung und Ziel und wir sind eins, 
      Du, Ziel mir, Auftrag, Schicksal, Leben, Ich! 
       
      So fühlt die Erde, liebend, mütterlich 
      Den Puls des Quells, den Drang des Würzeleins, 
      Der Pflanze Lied, den Atem selbst des Steins 
      Und lebt in der Geschöpfe Leben sich. 
       
      Du dürftest irren in des Wegs Erkennung. 
      Ja, ging dem Blick des Zielsterns Bild verloren: 
      Dir strahlte wieder, was du kühn erschaut. 
       
      Ich darf nicht irren. Irren wäre Trennung 
      Der Hälften, die als Eins aus Gott geboren. 
      So ist mir Tod und Leben anvertraut. 
      (S. 66) 
      _____ 
       
       
       
      29. 
      Belehnt mit solcher Königsbürde Macht, 
      Geh ich traumwach an deiner Herzensseite; 
      Verwundbar, wenn nicht große Liebe feite, 
      Wie Blumenkeim im Frost der Märzennacht. 
       
      Denn immer ist das Leben Schicksalsfracht, 
      Und immer schraubt es uns das Ziel ins Weite, 
      Und immer löst es wieder, was es reichte, 
      Und droht mit Armut immer und mit Acht. 
       
      Es ist die unerbittlich harte Probe 
      Auf alles Schönen Wahrheit und Bestand, 
      Auf aller Liebe Überwinderwillen. 
       
      Nur, die ich täglich schweigend dir gelobe, 
      Nur Treue flieht nicht vor der Schreckenswand, 
      Aus deren Stein die Todeswasser quillen. 
      (S. 67) 
      _____ 
       
       
       
      30. 
      Kein Ruhn ist in der Liebe, keine Schonung 
      Des Erdenwesens, das sich Glück erträumt. 
      Sie ist der Reiter, der sein Tier sich zäumt 
      Im Aufbruch zu der Götter Strahlenwohnung. 
       
      Sie ist der Trägheit ewige Entthronung, 
      Der Strom, der nie verebbt und nie verschäumt, 
      Der Berg, den keine Kraft vom Weltrund räumt, 
      Die Fordrung ohne Gnade noch Belohnung. 
       
      Sie ist die Königin. Und wir? Wir beide? 
      Was sind die Liebenden durch alle Zeit? 
      Landsucher auf der See in morschem Kutter, 
       
      Sind Kinder auf der Wolfs- und Hexenheide, 
      Versprengte Boten hoher Ewigkeit, 
      Ganz nah dem Helden und ganz nah der Mutter. 
      (S. 68) 
      _____ 
       
       
       
      31. 
      Sie gleichen immer adligen Verbannten, 
      Die in den allerfrühsten Kindheitstagen 
      In Fremde wurden und in Angst verschlagen, 
      Als sie das Herz der Heimat kaum noch kannten, 
       
      Doch die, wenn Schrecknisse sie übermannten, 
      Die der Verzweiflung Stirn und Siegel tragen, 
      Zu jenem Herzen hin in großen Wagen 
      Den Brückenbogen ihres Heimwehs spannten. 
       
      Sie selbst sind ihrer Heimat Melodie, 
      Aus Trennung, Hunger, Einsamkeit ersungen 
      In einer Welt, die doch sie nicht bezwang. 
       
      Was andere nur träumen, leben sie. 
      Ihr Leuchten ist der Finsternis entrungen 
      Und ihre Herrlichkeit dem Untergang. 
      (S. 69) 
      _____ 
       
       
       
      32. 
      Jenseits der Satzungen, die Menschen schufen 
      Und die zerkrümelten im Griff der Zeiten, 
      Stehn sie, gottnah, des Lebens Kostbarkeiten, 
      In Schande noch zur Hoheit aufgerufen. 
       
      Denn, ob sie starben unter Tiereshufen 
      - Wie Menschenstrafen auch den Leib entweihten - 
      Ihr Lebenslied singt sich auf goldnen Saiten, 
      Und ihre Füße treten Thronesstufen. 
       
      Unausdenkbares Wunder ist ihr Sein. 
      Sind sie die Erstlinge ganz neuer Welten? 
      Sterngötter in der Kindheit süßer Kraft? 
       
      Ein Wagnis Gottes, wie ein edler Stein 
      An eines Bettlers Finger, fremd und selten, 
      Der Menschheit strahlend in der Ichsucht Haft? 
      (S. 70) 
      _____ 
       
       
       
      33. 
      Der Erde sind sie holde Hochgesänge, 
      Goldglanz vor ihren schweren, dunklen Toren, 
      Gestalten ihrer Sehnsucht, oft beschworen, 
      Vertrieben oft in Nacht und Winterstrenge. 
       
      So möchte sie, in Licht und Gottgepränge 
      Erblicken alles, was ihr Schoß geboren, 
      Dem großen einen Leben unverloren, 
      Entschwunden jeder Gier und Hassensenge. 
       
      Doch als sie, zärtlich halb und halb mit Grollen, 
      Sich wendet zu den glücklichern Erhöhten, 
      Sieht sie wie Engel ernst sie vor sich stehn; 
       
      Den Himmeln, die sie krönten, ganz verschollen; 
      Verpfändet tausendfach den Lebensnöten. 
      Da muß sie ihnen liebend nahegehn. 
      (S. 71) 
      _____ 
       
       
       
      34. 
      Da muß sie geben ohne Maß und Schranken, 
      Als wär'n ihr Fürstenkinder anvertraut. 
      Aus Stein und Erde, Holz, Gestrüpp und Kraut, 
      Aus Blättern, Früchten, Zweigen, Blüten, Ranken, 
       
      Aus Eis und Schnee, aus Wald und Wellenschwanken, 
      Aus Hauch und Farbe, Ton und Licht und Laut 
      Nimmt sie, was Jahrmillionen aufgebaut, 
      Schafft Wunder neu, wo uralt Wunder sanken. 
       
      Uns gab sie Heimat, Frühling, Heide, Meer, 
      Novembernebel, Winterherrlichkeit, 
      Gab Möwe, Wildgans, Nachtigall und Grille, 
       
      Ruft Nordsturm, sendet Glut vom Süden her, 
      Schenkt Buche, Rose, Kornfeld, Schwere, Zeit. 
      Wir jauchzen. "Mutter!" dankt sie selig-stille. 
      (S. 72) 
      _____ 
       
       
       
      35. 
      Den Engeln, Menschen, Teufeln preisgegeben, 
      So gehn die Liebenden den Felsengrat, 
      Den Schicksalsweg, nach aller Götter Rat, 
      Den Weg der Not, der Herrlichkeit: ihr Leben. 
       
      Urpole, die sich fliehn und sich erstreben, 
      Und dennoch ohne Fuge, ohne Naht, 
      Und himmlisch wissend um die Schöpfertat, 
      Aus Gegenspiel der Einheit Gold zu weben. 
       
      In ewiger Bindung ganz in ewiger Freiheit, 
      In ewiger Jugend weise wie Vollendung, 
      In Lebensfülle fern der Lebensgier, 
       
      Allmächtig in dem Kraftfeld ihrer Zweiheit, 
      Geopfert und geschützt durch hohe Sendung, 
      Geheimnisüberhaucht. Urerstes Wir. 
      (S. 73) 
      _____ 
       
       
       
      36. 
      Ihr großen Liebenden, Ihr Menschensonnen! 
      Ihr Götterwesenheit und Erdenblut! 
      Wie leuchtete uns eure Herzensglut! 
      Wie trafen eure Leiden, eure Wonnen! 
       
      Wir grüßen euch, die ihr ein Sein begonnen, 
      Das wurzelstark noch in der Gottheit ruht! 
      Ihr, Künder einer nie versiegten Flut, 
      Ersehnte Quellen! Junge Schöpfungsbronnen! 
       
      Ihr überwandet Sterben, Qual, Not, Ferne. 
      Nur was sich der Vergänglichkeit verdang, 
      Erliegt dem unerbittlichen Vernichter. 
       
      Euch winken todentrückter Zukunft Sterne. 
      Des Schicksals weltenweiser Wiesensang 
      Ist allen Wesen Atem, Halt und Richter. 
      (S. 74) 
      _____ 
       
       
       
      37. 
      Urnächtige Mutter unsres Lebens! Du, 
      Aus der wir uns geheimnisvoll entfalten! 
      Was wissen wir von deinen Tatgewalten? 
      Was von den Ungewalten deiner Ruh? 
       
      Du schlossest deine Gegenwart uns zu, 
      Als wir aus dir zu eignem Sein uns ballten, 
      Und wie wir hart und härter uns gestalten, 
      Sind wir dir nicht so nah wie Busch und Kuh. 
       
      Die Liebenden nur sind dir eingebettet, 
      Sind außer Maß, wie du, sind eins und alles 
      Und fallen niemals ganz aus deiner Nacht. 
       
      Und zauberhaft wirst du durch sie verkettet 
      Dem Weltenall des Aufschwungs und des Falles, 
      Das schlafend du erträumt - das du erdacht? 
      (S. 75) 
      _____ 
       
       
      Aus: Alma Heismann 
      Sonette einer Liebenden 
      Mit einem Geleitwort von Wilhelm Lehmann 
      Verlag Lambert Schneider Heidelberg Darmstadt 1957 
       
  
      
       
      Biographie: 
       
      Alma Heismann, das älteste unter vier Kindern, wurde am 14. November 1885 
      in Flensburg geboren. Ihr Vater, Johann Christian Heismann, ursprünglich 
      Buchdrucker, später Abteilungsvorsteher der Ortskrankenkasse in Flensburg, 
      stammte aus dem Bergischen Land am Rhein, wo die Familie Heismann seit 
      langem saß und wo ein Urahn verschiedene Höfe verwaltete, Waldwirtschaft 
      und eine Eisenhütte betrieb. Der Besitz ließ sich nicht halten, J. C. zog 
      in die Fremde und heiratete in Flensburg Emilie Jürgensen, deren Vorfahren 
      in der Nähe von Schleswig Halbhufen besaßen. Eine Ururahnin Almas hat auf 
      der Insel Fünen gelebt. 
      Alma besucht die Volksschule, dann bis 1905 die Städtische Höhere 
      Mädchenschule. Wie vielen geistig interessierten jungen Menschen erscheint 
      ihr der Lehrberuf erstrebenswert. Das begabte Mädchen wird in das 
      Schleswiger Seminar aufgenommen. 1906 reist sie auf Wunsch ihres Vaters, 
      unterstützt durch ein kleines Familienstipendium, nach Paris, wo sie an 
      der Sorbonne französische Sprachkurse belegt. Gleich nach ihrer Rückkunft 
      wird ihr zum 1. Januar 1908 eine Volksschullehrerinnenstelle in Schleswig 
      angeboten. Sie ist zunächst in der Altstadt tätig und von 1928 ab an der 
      schön an der Schlei gelegenen Bugenhagenschule. In den letzten 
      Schrecknissen des zweiten Weltkrieges infiziert sie sich bei der 
      Untersuchung eines diphteriekranken Kindes und stirbt, ein Opfer der 
      zerrütteten Verhältnisse, am 5. Juli 1943. Bruder und Schwester überführen 
      die Leiche zur Einäscherung nach Kiel und setzen die Urne, während die 
      Sirenen Vollalarm geben, auf dem Friedhof an Friedenshügel in Flensburg. 
       
       
         
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