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Esaias Tegnier
(1782-1846)
Liebe
O Wunder aller Wunder, Liebe!
Du Athemzug der Seligkeit!
Du frischer Hauch aus schönrer Zeit
Im qualmerfüllten Weltgetriebe!
Du Herz in aller Wesen Brust,
Der Götter und der Menschen Lust!
Ein Tropfen sucht im Meer den andern,
Und die Gestirne, die dort wandern,
Sie schlingen nur im weiten Kranz
Den Brautreihn um der Sonne Glanz.
Du lebst noch in des Menschen Herzen,
Ein Abendroth, getrübt von Schmerzen,
Der schönern, ach! der bessern Zeit,
Der Lust und Liebe nur geweiht,
Dort in des Himmels blauen Saalen,
Wo hell die Silberkronen strahlen,
Wo er vom Tanze müd' und warm
Einschlummert in des Vaters Arm.
Reich war er wie der Born der Lieder,
Gebet war seine Sprache nur;
Die Engel auf der Himmelsflur, -
Als Brüder liebt' er alle wieder.
Doch ach! er fiel herab, und rein
Kann seine Liebe nicht mehr sein.
Doch wird ein Herz ihm lieb und theuer,
Gemahnt's ihn noch ans frühre Feuer,
Es mahnt ihn mit bekanntem Klang
Des Lenzes und der Dichter Sang.
Dann ist ihm wieder Lust geschenkt,
Dem Fremdling aus der Schweiz gleich, der
Ein Lied hört aus der Heimat her
Und der geliebten Alpen denkt.
(Übersetzt von Gottfried v. Leinburg 1825-1893)
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