Der Völker
L
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(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) Angela L. pixelio.de
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Georg Sion
(1822-1892)


Frage

Was würde wohl aus dieser Welt,
Aus jenem Bach, der schäumend quellt:
Sollt' einst die Sonn' zu Grunde gehn?
Sie müssen, Liebchen, wohl vergehn?

O sage mir, du holde Maid:
Was würde aus der Nelke Kleid?
Wenn nicht mehr fiele Morgenthau?
Nicht wahr, es würde welk und grau?

Wie finster wäre wohl die Nacht,
Wenn nicht mehr wär' der Sterne Pracht,
Und wenn der Mond verlör' sein Licht!
Wie traurig, Liebchen, wär' das nicht?

Und könnt' im Busch die Nachtigall
Anstimmen wohl den süßen Schwall,
Wenn Lenz verfliegt und Morgenroth?
Wär' das wohl nicht ihr sich'rer Tod?

Die Seele, die in Schmerz und Leid
Vor Sehnsucht bebt: Glaubst du, o Maid,
Sie würde nicht verloren gehn,
Würd' nicht die Hoffnung noch bestehn?

Und ich, den es in Traum und Lied
Zu dir mit süßem Beben zieht:
Glaubst, Liebchen du, ich könnte sein,
Wärst du mit deiner Lieb' nicht mein?

(Übersetzt von L. B. Fischer)


 

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Eine Blütenlese aus der gesammten Liebeslyrik
aller Zeiten und Völker
In deutschen Uebertragungen
Herausgegeben von Heinrich Hart und Julius Hart
Zweite Auflage
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1889 (S. 442-443)