Der Völker
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(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) R. Prantz pixelio.de
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Antara ben Scheddad
(gest. um 615)


Der geküßte Mund

Wie sie dich nahm gefangen mit einem Zahne blank,
Der lieblich ist im Kusse und spendet süßen Trank;
Als ob ein Würzeladen sei in der Schönen Mund,
Den fernher thut der Odem vor der Berührung kund;
Oder ein Frühlingsgarten von frisch bethauter Flur,
Ein unberührter, ohne der Heerde Tritt und Spur,
Getränkt von jeder milden Wolk' ohne Frost und Wind,
Daß alle Wasserpfützchen wie Silberthaler sind;
Begossen und beträufelt, und jeden Abend fließt
Die Flut darüber, die sich unausgesetzt ergießt.
In abendlicher Feier die Mücke schwärmt, es klingt
Ihr Lied ununterbrochen, wie ein Berauschter singt;
Die, wo sie eine Schulter reibt an die andre, schwirrt,
Wie wer mit stumpfen Fingern am Feuerzeuge klirrt.

(Übersetzt von Friedrich Rückert 1788-1866)


 

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Literatur: Das Buch der Liebe
Eine Blütenlese aus der gesammten Liebeslyrik
aller Zeiten und Völker
In deutschen Uebertragungen
Herausgegeben von Heinrich Hart und Julius Hart
Zweite Auflage
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1889 (S. 72-73)