Der Völker
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(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) Kurt F. Domnik pixelio.de
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Julius Slowacki
(1809-1849)


Tausendschön

Manch' Tausendschön mit weißem Blütenstern
Zerzupft' ich, wünschend, jedem Lauscher fern,
Und doch vor Menschen, meine Lust und Qual,
Zu hören nur: "Sie liebt Dich!" tausendmal.

Manch Tausendschön zerzupft' auch Deine Hand,
Wenn wandelnd unter Linden, ich Dich fand;
Verstohlen sagte jedes Blatt für mich:
"Von Herzen" und "Mit Schmerzen" liebt er Dich!

Doch seit geschieden uns zur Rosenzeit,
Von Neidern angeschürt, der böse Streit,
Ein Blättchen um das andre zu mir spricht:
"Ein Wenig" liebt sie Dich; und dann - "Gar nicht!"

Heut irrt ich einsam hier auf Felsenhöhn,
In weiter Ferne, jeder Hoffnung bar,
Als all mein Sehnen weckt' - ein Tausendschön,
So weiß, wie jenes unter Linden war.

Als ich's zerzupfte, flogen hoch im Blau
Vom Fels die Blättchen über Flur und Au -
Weißt Du, welch' Trost das letzte Blatt mir bot?
"Sie liebt Dich, kann's nicht lassen" bis zum Tod.


(Übersetzt von Albert Weiß 1831-1907)


 

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Literatur: Das Buch der Liebe
Eine Blütenlese aus der gesammten Liebeslyrik
aller Zeiten und Völker
In deutschen Uebertragungen
Herausgegeben von Heinrich Hart und Julius Hart
Zweite Auflage
Leipzig Verlag von Otto Wigand 1889 (S. 425)