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Julius Slowacki
(1809-1849)
Tausendschön
Manch' Tausendschön mit weißem Blütenstern
Zerzupft' ich, wünschend, jedem Lauscher fern,
Und doch vor Menschen, meine Lust und Qual,
Zu hören nur: "Sie liebt Dich!" tausendmal.
Manch Tausendschön zerzupft' auch Deine Hand,
Wenn wandelnd unter Linden, ich Dich fand;
Verstohlen sagte jedes Blatt für mich:
"Von Herzen" und "Mit Schmerzen" liebt er Dich!
Doch seit geschieden uns zur Rosenzeit,
Von Neidern angeschürt, der böse Streit,
Ein Blättchen um das andre zu mir spricht:
"Ein Wenig" liebt sie Dich; und dann - "Gar nicht!"
Heut irrt ich einsam hier auf Felsenhöhn,
In weiter Ferne, jeder Hoffnung bar,
Als all mein Sehnen weckt' - ein Tausendschön,
So weiß, wie jenes unter Linden war.
Als ich's zerzupfte, flogen hoch im Blau
Vom Fels die Blättchen über Flur und Au -
Weißt Du, welch' Trost das letzte Blatt mir bot?
"Sie liebt Dich, kann's nicht lassen" bis zum Tod.
(Übersetzt von Albert Weiß 1831-1907)
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