Das Liebes-Poetische Manuskript N° 22

O schöne Herrin, deine holden Wangen ...

Torquato Tasso (1544 - 1595) Sonette - Das Antlitz der schönen Herrin

 


Leonardo da Vinci (1452-1519)
Madonna

 



Liebeszauber

Kränkt mich's zuweilen, daß umsonst ich strebe,
Der Sehnsucht Flügel sternenwärts zu schlagen,
Denk' ich, die Herrin freuen meine Plagen,
Drum gern in all' mein Leid ich mich ergebe.

Und wenn einmal vor herbem Tod ich bebe,
Sprech' ich: "Will sie's, nicht darf dem End' ich klagen,
Und was sie will, das muß auch mir behagen!"
Und schelte nur, daß ich zu lange lebe.

Nicht wächst der Schmerz, das Gegentheil wohl ehe,
Wenn sie verdoppelt ihre Liebeswunden
Und heilt das Herz mit ihrem süßen Wehe.

Ein Wunder, wie's kein Zauber je erfunden:
Daß Hoffnung, Lust aus Schmerz und Furcht erstehe
Und Heilung spende tödtlichstes Verwunden!

 


zurück
Übersicht

Übersetzt von Karl August Förster (1784-1841)

Aus: Auserlesene lyrische Gedichte von Torquato Tasso
Aus dem Italienischen übersetzt von Karl Förster
Mit einer Einleitung: "Über Torquato Tasso als lyrischen Dichter."
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Leipzig F.A. Brockhaus 1844

weitere Sonette von Torquato Tasso: www.deutsche-liebeslyrik.de/europaische_liebeslyrik/tasso.htm



zur Startseite