Das Liebes-Poetische Manuskript N° 22

O schöne Herrin, deine holden Wangen ...

Torquato Tasso (1544 - 1595) Sonette - Das Antlitz der schönen Herrin

 

O schöne Herrin, deine holden Wangen ... Nie stand der Mond so rein ob Erdenthalen ... Nicht Kron' und Zepter, Goldgewand und Spangen ... Gewährt mir Amor ihrer Augen Schein ... Doch wer, entflammt von himmlisch reiner Glut ...
Der Purpurrose warst in deinem Maie du gleich ... Zerstreut die schönen goldnen Locken flossen ... Und dieses Herz zum Tempel sich gestaltet ... Und also blendend waren mir die Strahlen ... Ich, als ich Himmelsschönheit sah' auf Erden ...
Durchspähet all' der weiten Erde Quellen ... Nicht Gold etwa und Silber sie verleihet ... Und nie erlöschen werden noch erlauen die treuen Flammen ... Wann diesen Lichtern, diesem Haar entschwunden das helle Gold ... Ist dieser seltne Reiz der Seel' entstiegen? ...
Denn Liebe hat zur Wohnung mich geschmücket ... In euern Reiz verliebt erkennt mein Sinnen ... Schön blickt in Demuth sie von ihrer Höhe ... Vom reinen Licht, woraus die Himmelskreise der Ew'ge schuf ... Kränkt mich's zuweilen, daß umsonst ich strebe ...

 



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