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Kathinka Zitz-Halein
(1801-1877)
Verlorenes Leben
Die Augenblicke wo ich Dich nicht sehe
Sind mir verlor'n, ich zähle nur das Leben
Nach jenen Stunden die in Deiner Nähe
Gleich süßen Träumen, pfeilgeschwind entschweben;
Mein übrig Sein ist nur ein Vegetiren
Der Pflanze gleich, ohn' seliges Empfinden;
Was könnt' ich denn gewinnen und verlieren
An Tagen die mir ohne Dich entschwinden?
Mein süßer Freund, kannst Du das Räthsel lösen,
Das mich an Dich mit Zauberketten bindet?
Mir ist als wär' ich immer Dein gewesen,
Und wo die Seele sich zur Seele findet,
Erklingen abgerissene Akkorde
Aus jenen ew'gen Himmelsharmonien,
Und Engelsstimmen singen leise Worte
Die uns zu unsichtbaren Welten ziehen.
Sei nur als Freund in Treue mir ergeben,
Und innig wie ich Dich im Herzen trage,
So weih' ich Dir mein Handeln und mein Leben.
Du bist das Licht, die Sonne meiner Tage,
Der Angelstern, um den sich die Gedanken
Im Wirbelkreise wiederkehrend drehen;
In meinem Fühlen kann ich nimmer wanken,
Du wirst mich nimmer unbeständig sehen,
Und keine Zeit wird jene Gluten kühlen,
Die still und heilig wie ein magisch Feuer,
In blau und rothen Flammenzungen spielen,
Du bleibst der Freundin unverändert theuer.
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