Erster Kuss
Als zu
cytherischen Höhn den Askanius Venus getragen,
Bettet' in Veilchengedüft weich den Entschlummerten sie,
Streuete rings umher schneeglänzende Rosengewinde,
Und goß über die Aun strömenden Wohlgeruch aus.
Sehnend gedachte sie bald, wie einst sie gebrannt für Adonis,
Und stillathmende Glut kam in den Busen zurück.
Ach wie oft es sie trieb, zu umschlingen den Nacken des Enkels,
Ach wie oft sie rief: Schön war Adonis wie du!
Aber besorgt, den gefälligen Schlummer des Knaben zu stören,
Küßte die Rosen umher, wieder und wieder, ihr Mund.
Sieh, und die Blumen erglühn, und die Lippen der liebenden Göttinn
Kühlt aufathmender Hauch, spielend, mit lispelndem Wehn.
Wieviel Rosen sie küßt, so viel aufblühende Küsse
Geben vervielfacht ihr wieder den Wonnegenuß.
Und Cytherea, vom Paar schneeglänzender Schwäne getragen,
Schwebet zur Kreisfahrt auf um die unendliche Welt,
Und, dem Triptolemus gleich, besät sie mit Küssen die Fruchtaun,
Und dreymal erhebt fremdes Gelispel ihr Mund.
Da schoß köstliche Saat dem duldenden Menschengeschlecht auf,
Da ward meinem Schmerz einzig erquickender Trost.
Ewiges Heil euch, lindernde Hauche der brennenden Sehnsucht,
Thauige Küsse, dem Kelch schlummernder Rosen entsproßt!
Sehet ich schreite daher, eur Lob im Gesang zu verkünden,
Weil in dem Munde des Lieds blühn die gorgonischen Höhn,
Weil, des Aeneas gedenk und der Männer von Ilion, Amor
Deiner Sprach' Harmonie, tönendes Latium, spricht.