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Albrecht von Johannsdorf
(um 1209)
Wann?
Die erste Liebe, die mein Herz gewann,
Soll mir die liebste und die letzte sein.
An Freuden zwar verlier ich manches dann,
Doch rät mir so mein treues Herz allein.
Denn sollt ich lieben mehr als eine,
Das wäre niemals für mich gut,
Ich liebte dann in Wahrheit keine -
O weh, wie mancher das doch tut.
So rat ich ihr bei meiner Seele Heil,
Nicht weils die Liebe will, es wills das Recht:
Welch schönre Tugend würde ihr zuteil,
Als wenn sie reden wollte recht und schlecht?
Ja, ehrlich soll sie an mir handeln,
Wie ich auch ehrlich bin zu ihr;
Ich will nicht froh auf Erden wandeln,
Wär dies nicht ihre höchste Zier!
Um Gunst zu bitten hab ich nicht gewagt,
Und wäre gern des Kummers ledig doch,
Nun hat sie gütigen Gruß mir gar versagt,
Und so zerbrach mein letzter Trost mir noch.
Nun muß, wie einst, ich wieder flehen
Und mehr als einst, brächts nur Gewinn!
O Herr, wann wird mir das geschehen,
Daß ich befreit vom Leide bin?
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 50)
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