Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Bruno von Hornberg
(um 1280)

 

Bitte

Denkt, wie mir zu Sinne,
Als ich ihre Hand in meine
Zog und fest darin umschloß.
Mich beglückte Minne,
Und es zagte nicht die Reine,
Als ich ihrer Näh genoß.
Schönheit, Tugend, Ehre
Schmückt die hochgemute Hehre,
Die den Pfeil ins Herz mir schoß.

Herrin, süß und minnig,
Aus den Sorgen soll mich bringen
Deine reine Seligkeit!
Daß ich dein mich innig
Freue, kann mir leicht gelingen,
Darf ich dienen dir allzeit.
Hoffnung deiner Güte
Senkt mir Tröstung ins Gemüte,
Das um dich trägt großes Leid.

Aber Gram und Schmerzen
Wähnt ich nie vorher zu schauen,
Bis ich nun ein Weib erseh,
Das erfreut die Herzen.
Wem da Huld von guten Frauen
Oder Herzeleid gescheh,
Wünsch bei seiner Ehre:
Daß mir ihre Gunst verkehre
Bald zur Wonne alles Weh!

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 239)

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Vergangenes Glück

Denkt, wie mir gewesen,
Als ich ihre Hand in meine
Nahm und fest darin umschloß!
Ach, ich war genesen,
Und es bangte nicht die Reine,
Deren Näh' mich nicht verdroß.
Tugend, Schön' und Ehre
Hat die hochgemuthe Hehre,
Die in's Herz allda mich schloß.

Fraue, hold und minnig,
Aus den Sorgen soll mich bringen
Deine reine Seligkeit.
Du erfreust mich innig;
Kann mir wohl an dir gelingen,
Bin ich dir zu Dienst bereit,
Hoffend, deine Güte
Senke Trost mir in's Gemüthe,
Das um dich vergeht vor Leid.

Kummer, Gram und Schmerzen
Wähnt' ich nimmermehr zu schauen,
Eh ich noch ein Weib geseh'n,
Die erfreut die Herzen;
Wem Gewinn von guten Frauen
Oder Ungewinn gescheh'n,
Soll bei seiner Ehre
Wünschen, daß die Reine kehre
Bald in Wonnen meine Weh'n.

Nachgedichtet von Wilhelm Storck (1829-1905)

Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 51-52)

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