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Burkart von Hohenfels
(um 1229)
Unbezwinglich
Mich betrübt, wenn manche sagen,
Die mich so im Jammer schauen:
Sprich, wem du dies Leid verdankst?
Wer verschuldet dein Verzagen?
Ists die Schönste von den Frauen,
Der du Lob und Ruhm nur sangst?
Such dir einen Leidvertreib,
Such dich kräftig aufzuraffen,
Denn du bist zum Mann geschaffen:
Kannst du widerstehn nicht einem Weib?
Ach, wie könnt ich die bestreiten,
Die mit Waffen, gut zur Wehre,
Einnahm meines Herzens Turm?
Der ist fest auf allen Seiten,
Sie ist schön und reich an Ehre,
Wie erhöb ich da den Sturm,
Daß ich sie davon vertrieb?
Leitern, Sturmbock oder Mangen
Könnten niemals sie erlangen:
Ach ich weiß, daß sie doch Siegerin blieb.
Ja, sie herrscht ganz uneinnehmbar
Stolz auf meines Herzens Zinnen,
Sich zur Freude, mir zum Schmerz.
Jeder Gast ist ihr verfembar,
Den zu fröhlichem Beginnen
Einzuladen wünscht mein Herz.
Auch bezwingt sie mir den Geist,
Daß er nichts sich macht zu schaffen,
Als daß mit verliebtem Gaffen
Er die Holde wie gebannt umkreist.
Wenn sie mich nur einmal riefe
Heim zu ihres Herzens Feuer,
Wo mein Glück beschlossen liegt:
All mein Sorgen dann entschliefe,
Läge dort als ihr Getreuer
Still von ihrer Huld gewiegt.
Zahlte dann als Gast den Zins
Gern für ihres Herzens Kammer,
Nie vertriebe mich der Hammer
Noch die Zange eines Wankelsinns.
Wunder kann ich tun mit Schnüren,
Fliegen kann ich, Felsen tragen,
Kann jedwede Ritterschaft;
An die Sterne kann ich rühren,
Pirschen, schießen, hetzen, jagen,
Weisheit nenn ich mein und Kraft.
Wild erregt mir dies den Sinn.
Wenn der Geist sich umgeschwungen,
Wenn ihn Müdigkeit bezwungen,
Muß er, will er ruhn, zu ihr doch hin!
Nachgedichtet von Richard
Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 99-100)
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Unbezwinglich
Mich betrübt, was Manche reden,
Wenn ich kummervoll erscheine:
"Wem verdankst du dieses Leid?
Will die Frau dich so befehden,
Böslich rächt sich dann die Eine,
Die du lobtest allezeit,
Wenn sie dich bedroht mit Weh'n:
Doch du bist zum Mann geboren,
Ging die Mannkraft dir verloren?
Kannst du einem Weib nicht widersteh'n?"
Könnt' ich gegen Die wohl streiten,
Die mit mächt'ger Waff' und Wehre
Sitzt auf meines Herzens Thurm?
Der ist fest auf allen Seiten,
Schön ist sie und reich an Ehre,
Wie erhöb' ich einen Sturm,
Daß die Festung würd' entsetzt?
Ebenhöhen, Katzen, Mangen
Können dort sie nicht erlangen;
Laß es: hast's gewollt, so trag es jetzt.
Kön'gin in des Herzens Reichen,
Herrscht sie mit gewalt'gen Sinnen,
Ganz allein auf sich gestellt.
Jeder Gast muß dannen weichen,
Den zu fröhlichem Beginnen
Sich die Sinne zugesellt.
So bewältigt sie den Geist,
Daß er gänzlich wird zum Affen
Und mit nichts sich macht zu schaffen,
Außer daß er gaffend sie umkreist.
Wenn sie einmal nur mich riefe
Heim zu ihres Herzens Feuer
Da an ihr mein Glücke liegt;
Weilt' ich dorten in der Tiefe,
Ihrer Huld und Hülfe theuer,
Hätt' ich Sorgen obgesiegt.
Lüde sie mich ein zu Gast
Noch in ihres Herzens Kammer,
Trieben nie mich Zang' und Hammer
Eines Wankelsinns aus solcher Rast.
Wunder kann ich thun mit Schnüren,
Fliegen kann ich auch und fließen,
Kann jedwede Ritterschaft;
An die Sterne kann ich rühren,
Jagen kann ich, pirschen, schießen,
Weisheit hab' ich, habe Kraft;
Wilden Sinn regt dies in mir.
Wenn der Geist sich umgeschwungen
Und ihn Müdigkeit bezwungen -
Will er ausruh'n - muß er hin zu ihr.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 106-108)
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