Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Der Püller
(um 1270 – 1280)
 


Schwermut

Nun ward die Heide
Vom lichten Kleide
Wieder nackt und der grüne Wald,
Wo einst in schönen
Lieblichen Tönen
Die Vöglein sangen mannigfalt.
Darüber klagt nun Jung und Alt,
Denn mit Gewalt
Macht welken die roten Blümelein
Der Winter bös und kalt.

Ich muß werben
Um ein Sterben,
Tröstet mich Liebe nicht beizeit.
Die mich tötet,
Hat lieblich gerötet
Den Mund, der mir nur zu Qualen bereit.
Küßt sie mich aber in Freudigkeit,
Schwindet mein Leid,
Denn in ihrer Gnade besteht
All meine Seligkeit.

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 210)

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Trübsinn

Weh, die Heide     in lichtem Kleide
Steht verwelkt und auch der grüne Wald,
Wo in schönen,     süßen Tönen
Sangen Vogelstimmen mannigfalt.
Gram und Noth ist Alt und Jung entboten,
Daß die rothen     Blumen wiederum bezwang der
Winter, grimm und kalt.

Um ein Sterben     muß ich werben,
Giebt mir nicht alsbald die Liebe Muth,
Die mich tödtet;     süß geröthet
Ist ihr Mund, der viel mir Leides thut.
Küßte sie mich einmal recht von Herzen:
Aller Schmerzen     wär' ich ledig, weil in ihrer
Huld mein Trost beruht.

Nachgedichtet von Wilhelm Storck (1829-1905)

Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 61)

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