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Der Schenk von Limburg
(1230-1287)
Bittres Scheiden
Weh, das war ein bittres Scheiden
Von der Lieben, die ich minne,
Weh, wohin geriet ich doch?
Ach nun fühl ich Sehnsuchtsleiden,
Und mein Herz und alle Sinne
Weilen bei der Liebsten noch.
Nirgend mag ich froh mehr sein,
Denn sie hält mein Herz in Banden,
Und ich leid in fremden Landen
Nur durch sie so bittre Pein!
Säh ich doch die Minnigliche
Noch in rechter Liebe lachen,
Seht, so wär ich wohlgemut.
Alle Sorge mir entwiche,
Sie kann süß das Herbe machen,
Daß mirs wohl im Herzen tut.
Ach ich seh sie nun nicht mehr,
Berg und Meer von ihr mich scheiden,
Niemand fragt nach meinen Leiden -
Glaubt ihrs, daß mein Herz mir schwer?
Nie, ich schwör es hoch und teuer,
Sah ich also zarte Wangen,
Nie so rosenfarbenen Mund,
Niemals Augen so voll Feuer -
Darum quält mich das Verlangen
Und der Zweifel alle Stund:
Ob auch ihres wie mein Herz
So voll Sehnsucht nach mir schlage?
Aber nein! nicht für zwei Tage
Litt sie solchen Sehnsuchtsschmerz!
Nachgedichtet von Richard
Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 108)
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