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Der Schenk von Limburg
(1230-1287)
Vielliebchen
Willkommen seid, Frau Sommerzeit,
Herr Maie, seid willkommen,
Der Vielen frohen Muth verleiht,
Die sich ein Lieb genommen.
Mir geht ein Lieb vor Blumenschein,
Ein Lieb vor Vogelsingen;
Vielliebchen muß mein Lieb mir sein
Und kann das Herz mir zwingen;
Ach, dürft' ich, Lieb, um Liebe mit dir ringen!
Gar manche Farben legt zur Schau
Der Mai in seinem Laden;
Es steht so wonniglich die Au,
Mit Blumen reich beladen:
Gelb, grün und roth, blau, braun und weiß,
So sind sie hold entsprungen;
Manch Vöglein singt vom frischen Reis:
Ich muß vor Lieb' erjungen.
Hei, wird sie mein, so hab' ich wohl gesungen.
Anmuth und Schönheit sind ihr Kleid,
Von der ich singe heuer;
Mein Lieb ist lieb und nimmer leid,
Und meinem Herzen theuer;
Mein Lieb ist froh - das lass' ich sein -
Und reich an rechter Güte:
Mein Lieb ist alles Glückes Schrein;
Daß Gott sie stets behüte!
Wie dann in Freuden mir das Herz erblühte!
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 218-219)
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