Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Der von Suneck
(um 1255)



Ihr Lachen

Du hast, vielsüße Minne, mich bezwungen,
Daß ich muß singen von der Minnereichen,
Nach der mein Herz in holder Not gerungen.
Sie wußte sacht durchs Auge mir zu schleichen
Ins Herz so lieblich bis zum tiefsten Grunde:
Solch lieblich Lachen auf so holdem Munde
Zu schaffen – dessen hatte Gott nur Kunde!

Giebts eine Schöne, Liebre, ohne Mängel
Wie sie, in deutschen oder welschen Reichen?
Keuscher und reiner ist kein Himmelsengel,
Denn nichts läßt in der Welt sich ihr vergleichen,
Nichts Holdres giebts auf diesem Erdenrunde!
Solch lieblich Lachen auf so holdem Munde
Zu schaffen – dessen hatte Gott nur Kunde!

Als ich die Holde sah zum ersten Male,
Glaubt einen schönen Engel ich zu sehn,
Ich wähnte, daß mir alles Glück erstrahle,
Doch ließ sie großes Herzleid mir geschehn.
Nur lernt ich einsehn dies zu jener Stunde:
Solch lieblich Lachen auf so holdem Munde
Zu schaffen – dessen hatte Gott nur Kunde!

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 175)

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