Friedrich von Hausen
(1150/60 - 1190)


Trauriger Abschied

Ich bin mit Fug und Recht nicht froh,
Seitdem gesaget die Liebste mein:
"Äneas" könnt mein Name sein;
Doch sicher sollt' ich glauben auch,
sie würde nie mir zur "Dido".

Was sprach sie so?
Nur Sie, sie hält so ferne sich,
Und mehr als jede andre doch
beraubte sie des Herzens mich!

Gedankenvoll lass' ich die Zeit,
So gut es gehen mag, vergehn
Und lerne, was sonst nie geschehn,
Nun kennen Herzeleid und Gram.
Die lagen, ach, mir sonst so weit.
In solches Leid
Geriet ich nie und solchen Gram
Durch irgend welche andern Fraun,
als mir allein von dieser kam.

Mein Herz soll ihre Wohnung sein,
So lang ich nur am Leben bin.
"So wohnen unbehindert drin
Auch sonst wohl alle andern Fraun!" -
Doch ob sie auch so spottet mein,
Ob Treue rein
Noch nütze, zeige sich an ihr.
Die wird ihr stets von mir zu teil,
weil sie so gut erscheinet mir.

Mich schmerzt's, daß ich so fern fortan
Ihr komme, wund bleibt mir das Herz,
Und vieles Leid bringt mir der Schmerz.
Wohl sollt' es mir von Nutzen sein,
daß ich ihr stets war unterthan.
Seit ich's begann,
Konnt' meinen Sinn, so treu und gut,
Zu keiner Zeit ich ihr entziehn,
da sie so gern das Beste thut.

Wie wär' so wonnig jetzt die Zeit
Für den, der könnt' in Freude stehn!
Ich glaub', an mir kann man wohl sehn,
Daß ich von der geschieden bin,
die ich erkor vor jedem Weib.
Ihr schöner Leib
Kam mir zum Leid nur in die Welt,
Und meiner Augen bringt's viel Not,
daß ihnen sie so wohlgefällt.

Ja, wär' sie mir nur wenig lieb,
So würd' ich leichter von ihr gehn;
Doch nun kann's nimmer ja geschehn,
Daß ich auf sie verzichten mag.
Vergäße sie doch nie, wie ich
Da von ihr wich
Und sie zum letztenmale sah!
Von Freuden mußt' ich scheiden, wie
mir früher niemals noch geschah!

Nachgedichtet von Bruno Obermann

Aus: Deutscher Minnesang Lieder aus dem
zwölften bis vierzehnten Jahrhundert
Übertragen von Bruno Obermann
Leipzig Druck und Verlag von Philipp Reclam jun. o. J. (1890) (S. 48-50)

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