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Friedrich von Hausen
(1150/60 - 1190)
Absage
Beschuldigen darf sie mich nie,
Ich liebte nicht von Herzen sie.
Die Wahrheit kann vielmehr sie an mir sehn,
Will sie's gestehn.
Ich kam um sie in solche Not,
Daß ich den Leuten guten Morgen bot
Statt guter Nacht.
So sehr hab' ich an sie gedacht,
Daß ich bisweilen tief in Träume kam
Und, wenn gegrüßt ich ward, ich nichts davon vernahm.
Mein Herz läßt nur mit schwerem Leid
Vom Kampfe, den es lange Zeit
Geführet um das allerbeste Weib,
Der stets mein Leib
Zu Dienst, wohin ich auch mag gehn.
Ich bin ihr hold: darf es vor Gott geschehn,
So weilt bei ihr
Mein Sinn; vergeben woll' er's mir.
Doch wollt' er mir's als Sünde rechnen an,
Was schuf er sie so schön und herrlich dann?
Ich habe alle meine Zeit
Gerungen schon mit großem Leid.
Ich hatte lieb, was mir am Herzen lag,
Drum strebt' ich nach
Der Weisheit leider nirgendwo.
Das schuf die Minne, die noch manchen so
Wohl klagen läßt.
Nun will an Gott ich halten fest.
Der kann den Menschen helfen aus der Not,
Weiß keiner doch, wie nah ihm ist der Tod.
Der Einen dient' ich mannigfalt,
Die meinen Dienst mir nie vergalt.
Ich spreche nichts als Gutes nur von ihr,
Obwohl sie mir
Zu keiner Zeit mocht' freundlich sein.
Ich wollte mich von aller Not befrein,
Als ihrer Gnad'
Allein mein Herz vertrauet hat.
Die traf ich leider nimmermehr dort an.
Nun dien' ich dem, der wohl belohnen kann.
Viel Leid hat Minne mir beschert,
Für das mir nichts doch ward gewährt.
Doch ob davon mir Schaden ward und Müh',
Man fordre nie,
Daß ich von ihr nicht spräche gut,
Wie's anders nie mein Mund von Frauen thut.
Doch reut mich das,
Daß ich solange Gott vergaß.
Ihm will ich stets vor allem Ehre weihn
Und dann erst jenen hold im Herzen sein.
Nachgedichtet von Bruno Obermann
Aus: Deutscher
Minnesang Lieder aus dem
zwölften bis vierzehnten Jahrhundert
Übertragen von Bruno Obermann
Leipzig Druck und Verlag von Philipp Reclam jun. o. J. (1890) (S. 53-55)
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