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Gottfried von Neifen
(1235 – 1273)
Gemachte Freude
Wohlauf, begrüßen
Wir den Süßen,
Der uns büßen
Will des Winters Pein.
Er will uns bringen
Vogelsingen,
Knospenspringen
Und der Sonne Schein.
Allwo man eh
Sah kalten Schnee,
Da steht das Kraut
So frisch bethaut;
Geht hin und schaut
Die Blumen und den Klee.
Da vorn im Walde
Auf der Halde
Hört man balde
Wonniglichen Schall.
In süßer Weise
Recht zu Preise
Laut und leise
Singt die Nachtigall.
Der Vogelsang
Gar mächtig drang
Vorauf dem Maien.
Kommt zu Zweien
Her zum Reihen
All den Sommer lang.
Giebt Maienblüthe,
Sommers Güte
Froh Gemüthe
Auch den Vögelein:
Wenn nicht die Reine
Lindert meine
Noth alleine,
Dauert meine Pein.
Ihr braunes Haar,
Ihr Augenpaar,
Ihr rother Mund:
Die machten wund
Mich bis zum Grund,
Stell' ich auch froh mich dar.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 183-184)
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