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Graf Albrecht von Haigerloch
(um 1265 – 1295)
Frohe Gewißheit
Ist einem größere Wonne aufgespart,
Als dem, der sein getreues Lieb
Am Herzen hält mit festem Arm umgittert?
Wenn sie in treuer Brust ihm Liebe wahrt,
So hat den seligen Minnedieb
Die lange Winternacht noch nie erbittert.
Er fürchtet Klatsch und Klätscher nicht,
Er schlummert süß und ohne Reue,
Nicht fürchtend, daß ihm Schande dräue!
Wem falsche Liebe mehr verspricht,
Der kannte niemals echte Treue,
Gäb Frauentugend hin für Frauenlaster –
Und keine Handlung war mir je verhaßter.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 200)
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Keine Schleichwege!
Wer hat auf Erden größ're Lust,
Als Einer, der sein treues Lieb
Recht inniglich mit Armen hält umschlossen?
Wahrt sie ihm Lieb' in treuer Brust,
So hat ihn, wie den Minnedieb,
Noch nie der langen Winternacht verdrossen.
Er fürchtet Klatsch und Kläffer nicht
Und schlummert süß und ohne Furcht,
daß Sünd' und Schand' ihm dräue.
Wem falsche Minne mehr verspricht,
Die nie gewußt von Treue;
Der gäbe Frauenehr' um Frauenlaster;
Von allem Thun ist keines mir verhaßter.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 22)
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