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Graf Friedrich von Leiningen
(um 1288)
Fünf Worte
Wes Herz sich gerne freuen mag,
Der schaue an den grünen Hag,
Wo huldreich seinen Gästen
Der Mai verteilte weit und breit
Ein farbenprächtiges schmuckes Kleid,
Und wo auf allen Ästen
Ein jeder Vogel pfeift sein Lied
Im süßen Sangesreigen,
Daß alles hallt vom lauten Klang,
Vorauf der Nachtigall Gesang
Aus dichtbelaubten Zweigen.
Ich aber bin von Harm bedrückt,
Denn weil ihr Gruß mich nicht beglückt,
Ist mir das Herz erkaltet,
Das stets in ihrer Nähe weilt;
Ach, daß sie seinen Gram nicht heilt!
Gott hat sie so gestaltet,
Daß nie ein andres Frauenbild
Mein Herz sich denken könnte,
Das schöner wäre noch, als sie,
Die nur den Fehler hat, daß nie
Ihr Herz mir Freude gönnte!
O Minne, süße Raterin,
Gebenedeit sei, Königin,
Hilf mir mit gütigem Sinne.
Stimm ihr zur Milde um das Herz,
Daß bald sie lindre meinen Schmerz,
O minnigliche Minne.
Du schlugest Herz und Sinne mir
In Fesseln: ach die kenn ich!
O hilf, eh mich die Qual besiegt,
Mein Trost und Heil bei dir nur liegt;
In deinen Flammen brenn ich!
Und muß ich scheiden so von ihr,
Daß ihre Minne mangelt mir,
O weh der bösen Reise,
Die ich nun nach Apulien tu:
Gieb, Selige, deine Huld dazu,
Und nicht dich hart erweise.
Ein wenig sänftige deinen Mut
Und sprich aus rotem Munde,
Zu lindern all mein Herzbeschwer,
Fünf kurze Worte, keines mehr:
Fahr hin zu guter Stunde!
Zu guter Stunde sei die Fahrt
Und Leid und Seele dir bewahrt,
Und Lob und Heil und Ehre.
Mein Wille hielte dich nicht hier,
Kein Flehn, noch Drohn; doch glaube mir,
Daß ich es heiß begehre.
Doch da dein Sinn unbiegsam ist,
So führst du in die Weite
Zwei Herzen: meins und deines hin,
Davon ich immer traurig bin:
Sei Gott denn dein Geleite.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 247-248)
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Fünf Worte
Weß Herz sich gerne freuen mag,
Der schaue nach dem grünen Hag,
Wie wonnig all den Gästen
Der Mai vertheilte weit und breit
Von prächt'ger Farb' ein schmuckes Kleid.
Die Vögel auf den Aesten
Ergreift die Lust, und manches Lied
In wundersüßer Weise
Tönt umher mit lautem Klang,
Vorauf der Nachtigall Gesang
Vom frischbegrünten Reise.
Ich bin von Sorg' und Harm bedrückt
Und, weil ihr Gruß mich nicht beglückt,
Ist mir das Herz verkaltet,
Das stets in ihrer Nähe weilt;
Ach, daß sie seinen Gram nicht heilt!
Gott hat sie so gestaltet,
Daß nimmermehr mein Herz und Sinn
Ein Frauenbild erdächte,
Welches schöner könnte sein,
Als meine Fraue, hold und rein,
Die meine Freuden schwächte.
O Minne, süße Ratherin,
Gesegnet seist du, Königin!
Gieb Rath mit will'gem Sinne;
Zur Milde stimm' ihr doch das Herz,
Daß bald sie lind're meinen Schmerz;
O minnigliche Minne!
Du hast mir Herz und Sinn gelegt
In Fesseln, all zusammen;
Hilf, mich übermannt die Pein,
Mein Trost und Heil bist du allein;
Ich brenn' in deinen Flammen.
Und wenn ich so nun scheiden muß
Und ganz entbehren Huld und Gruß:
O weh der Fahrt voll Schmerzen,
Die nach Apulien soll gescheh'n!
Holdsel'ge Frau, laß Gnad' ergeh'n;
Sei nicht so hart von Herzen
Und hab' ein wenig mildern Sinn,
Fünf Wort' aus rothem Munde
Sprich zu mir und keines mehr;
Sie nehmen fort all mein Beschwer:
"Fahr hin zu guter Stunde!"
'Zu guter Stund' ergeh' die Fahrt,
Dein Leid und Leben sei bewahrt,
Dir werde Preis und Segen!
Und bliebst du, wenn ich bäte heiß,
So wollt' ich mich - der Himmel weiß! -
Auf's Bitten ganz verlegen;
Doch du beharrst auf deinem Sinn:
Zwei Herzen führst in's Weite,
Deins und meins, zu Sorgen hin,
Darum ich immer traurig bin;
Christ sei nun dein Geleite!'
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 282-284)
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