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Günther von dem Forste (Vorste)
(um 1256 – 1275)
Genügsam
Wohl mir, daß ich je den Mut gewann,
Ein so seliges Weib mir zu erlesen!
Auf der Erde, glaub ich, ist kein Mann
Je wie ich so selten froh gewesen
Um ein Lob, das ihr ich durfte weihn,
Die mir lieber ist als lieb, und sein
Und bleiben soll vor aller Welt allein!
Und sie ahnt nicht, wie so wohl mir tut
Ihre Tugend und ihr frohes Wesen.
Bin ich um die Gute frohgemut,
Fühl ich alles Kummers mich genesen.
Hab ich Leid, vertreibt es mir ihr Scherz,
Wird die Holde mein, weicht aller Schmerz,
Und süße Himmelswonne fühlt mein Herz.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 177)
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Genügsam
Wohl mir, daß ich je den Muth gewann
Und mir ein so sel'ges Weib ersah!
Auf der Welt giebt's, glaub' ich, keinen Mann,
Dem, wie mir, so selten Huld geschah
Um ein Lob, der lieben Frau geweiht,
Die mir lieber ist, als lieb, vor aller Welt
und sein muß allezeit.
Sie erfährt nicht, wie mir Liebes thut
Ihre Tugend und Glückseligkeit;
Bin ich um die Gute frohgemuth,
Wohl mir dann, süß ist das Weh und Leid.
Hab' ich Sorge, lindert sie den Schmerz:
Die Geliebte, wird sie mein, ach, welche Wonn'
erfaßt mir dann das Herz!
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 133)
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