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Heinrich von Frauenberg
(um 1210 – 1220)
Klage
Ach meiner Not!
Ich armer Mann,
Was soll mir endlich noch geschehn?
Mich packt der Tod
Gewiß noch an,
Kann ich der Liebsten Huld nicht sehn.
Sie macht mir kummerschwer das Herz,
Wie auch den kleinen Vögeln Schmerz
Der Winter tut mit seinem Zorn;
Drum sticht mich so des Grames Dorn.
Was soll mir Leib,
Was soll mir Gut,
Da keine Ruhe mich erquickt?
Das beste Weib
Mir leides tut,
Das Gott uns auf die Welt geschickt.
Schön ist sie und unwandelbar,
Obgleich sie nie mir huldreich war,
Doch bleib ich untertänig ihr,
Mein Herz gebietet solches mir.
So leb ich hin
In Kummer schwer,
Seit der Herzliebsten dies gefiel,
Sodaß ich bin
An Freuden leer:
Das ist der lieben Frau ein Spiel.
Doch wird der Lohn, wie sie versprach,
Dem Dienst gemäß sein, den ich pflag,
Nun, sei es drum; sie ist so gut,
Daß sie an mir noch Liebes tut.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 66)
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Unbelohnt
Ach, meine Noth!
Ich armer Thor!
Wie soll's zuletzt mir noch ergeh'n?
Mir steht der Tod
Aus Gram bevor,
Soll Huld mir nicht von ihr gescheh'n.
Sie macht das Herz mir kummerhaft,
Gleichwie des grimmen Winters Kraft
An kleinen Vögeln Leid verübt;
Drum bin ich auch so tief betrübt.
Was soll mir Leib
Und Leben noch,
Da keine Ruh' mir zugedacht?
Das beste Weib
Zerquält mich doch,
Die Gott für diese Welt gemacht.
Schön ist sie und unwandelbar;
Obgleich sie abhold stets mir war:
Doch bleib' ich ihr zu Dienst bereit;
Mein Herz gebeut mir's allezeit.
Ich leben hin
In Noth und Harm,
Weil's der Geliebten so gefiel,
So daß ich bin
An Freuden arm;
Das ist der Liebsten gar ein Spiel.
Doch wird der Lohn, wie sie verhieß,
Dem Dienst gemäß, den ich erwies.
Nun lass' ich das; sie ist so gut,
Daß sie an mir noch Gutes thut.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 152-153)
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