Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Markgraf Heinrich von Meißen
(um 1234 – 1288)




Aufschwung

Dem Frohsinn wollt ich ganz entsagen,
Da gab mir Trost ein roter Mund;
Der hieß der Trauer mich entschlagen,
Und sprach: ich mache dich gesund!
Will er dem Herzen Trost verleihn,
Mit solchem wonnevollen Handeln,
Ahi! wie selig wollt ich sein.

In Freuden mag ich immer schweben,
Der Ehre pflegen Jahr für Jahr,
Will es das holde Weib nur geben,
Daß ich der Sorgen werde bar.
Ihr Mund hat soviel Süßigkeit,
Seitdem dies Wörtchen er gesprochen,
Daß er mir enden kann das Leid!

Ja, reicher Gott, wohltuts der Seele,
Wen freundlich grüßt ein lieblich Weib;
Ihm ist, alsob kein Glück ihm fehle,
Alsob das Herz ihm und der Leib
In Lüsten flöge wunderbar;
So hoch fühlt er den Geist sich schwingen
Als wäre er ein Adler gar.

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 109-110)

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Minneglück

Ich wollte schier vor Schmerz vergehn,
Da gab mir Trost ein rother Mund:
Er sprach: Du sollst in Freuden stehn,
Ich mache dir das Herz gesund.
Ach, wenn sie treu ihr Wort mir hält,
Das solche Wonne mir versprochen,
Dann neid' ich Keinen auf der Welt!

Wie sollte da sich freun mein Leib
Und sollte pflegen seiner Ehre,
Wenn solch ein minnigliches Weib
Verscheuchte meiner Sorgen Schwere!
Und sieh, sie sprach ein wahrhaft Wort,
Denn von demselben Augenblicke
Sind alle meine Leiden fort.

Ja, reicher Gott, wie sanft es thut,
Wen wohl begrüßt ein lieblich Weib;
Ihm wird so freudenvoll der Muth
Das Herz und auch der ganze Leib:
Er schwingt sich in die Lüfte hehr,
Von schnellen Fittigen getragen,
Als ob's ein edler Adler wär'.

Nachgedichtet von
Wilhelm Müller (1794-1827)

Aus: Blumenlese aus den Minnesingern
Herausgegeben von Wilhelm Müller
Erste Sammlung Berlin 1816
In der Maurerschen Buchhandlung (S. 30-33)

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Trost

Von allen Freuden wollt ich gehn,
Da gab mir Trost ein rother Mund:
Er sprach, ich sollt in Freuden stehn,
Er wollte machen mich gesund.
Will er dem Herzen Trost verleihn
Erst mit so freudenreicher That,
Ahi! wie selig wollt ich sein!
In Freuden mag ich immer sein.

Der Ehre pflegen manches Jahr,
Will es ein holdes Weib verleihn,
Daß ich der Sorgen werde bar.
Ihr Mund hat solche Stätigkeit,
Nun er gesprochen hat das Wort,
Behüten mag er mich vor Leid.

Ja reicher Gott, wie sanft es thut,
Wen freundlich grüßt ein lieblich Weib,
Dem wird so freudenreich der Muth
Als ob das Herz ihm und der Leib
In Lüften flöge wunderbar;
Ihm schwingt der Sinn sich hoch empor
Als wie der edle Adelbar.

Nachgedichtet von
Karl Simrock (1802-1876)

Aus: Lieder der Minnesinger von Karl Simrock
R. L. Friedrichs Elberfeld 1857 (S. 22)

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