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Herr Pfeffel
(um 1250)
Gefangen
Einst lachte wie die Sonne
Ein Aug mir wunderklar,
Und wie ein Röslein rot
Ein Mündlein hübsch und klein,
Daß gleich ich Feuer fing.
Da ward mein Weh zur Wonne,
Weil ich im Netz ihr hing.
Ihr Knecht nun möcht ich sein,
Die sich so hold mir bot,
Die aller Falschheit bar.
So oft ich seh die Lose,
Die all mein Glück fürwahr,
Entbrennt mein Herz in Minne.
Sie scheint mir eine Rose,
Erblüht in süßer Jugend,
Daß mir erglühn die Sinne
Ob ihrer Zucht und Tugend.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 148)
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Gefangen
Ich sah so lieblich lachen
Ein Mündchen, roth und fein,
Das war so wunderklar;
Mir ward das Herz versehrt.
Der Augen lichter Blick
Kann Leid zu Lust mir machen;
Mich fing ihr Minnestrick.
Sie ist so lieb und werth
Und alles Falsches baar;
Ich will ihr Diener sein.
So oft ich sie erschaue,
Die meines Glückes Schrein,
Entflammt mich ihre Minne;
Sie Ros' im Maienthaue
Erblüht von süßer Frucht,
Daß mir erglüh'n die Sinne
Ob ihrer Sitt' und Zucht.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck
(1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 104)
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