Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Herr Steinmar
(um 1251 – 1276)



Feste Hoffnung

Sommerzeit, wie froh ich bin,
Daß ich nun darf schauen
Süßer Freuden Spenderin,
Schönste aller Frauen.
Eine Dirne, die nach Kraute
Ausging, ists, die ich als Traute
Mir erkor,
Daß ich Minnedienst ihr schwor.
Schau um dich!
Wer verstohlen minnt, der hüte sich!

Hielt sie erst der Winter lang
Leider mir verschlossen,
Führt sie jetzt aufs Feld der Gang,
Wo der Mai läßt sprossen
Bunte Blüten ihr zum Kranze,
Den sie in dem Reientanze
Tragen will -
Ei da küß ich sie noch still.
Schau um dich!
Wer verstohlen minnt, der hüte sich!

Und mich freut die Stunde schon,
Wenn sie schleicht zum Garten,
Wo ihr Rosenmund auf Lohn
Heimlich mich heißt warten.
O wie dann das Herz mir hüpfet,
Weil der Mutter sie entschlüpfet,
Denn vor der
Müssen wir uns hüten sehr!
Schau um dich!
Wer verstohlen minnt, der hüte sich!

Ja, da ich mich hüten muß
Vor der Mutter Lauern,
Liebchen, fasse den Entschluß,
Ende unser Trauern!
Brich die Fesseln und entrinne,
Ich vergelts mit treuer Minne,
Habe Mut!
Dir gehört mein Leib und Gut!
Schau um dich!
Wer verstohlen minnt, der hüte sich!

Steinmar, hab denn frohen Mut,
Wird noch dein die Hehre,
Die so hübsch ist und so gut,
Hast du an ihr Ehre!
Denn vom allerbesten Teile
Dessen, was zum Erdenheile
Dienen soll,
Wird dir reichen Glückes Zoll!
Schau um dich!
Wer verstohlen minnt, der hüte sich!

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 161-162)

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