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Herzog Johann von Brabant
(um 1280)
Ohne Lohn
Anders ist mirs im Gemüt
Als den Waldvöglein, den kleinen,
Denn sie freuts, wenn alles blüht
In den Auen rings und Hainen.
Unter Blüten ruhn sie maienlang
Und erneuern ihren Lustgesang.
Immer dienen ohne Lohn,
Das ist jämmerlich!
Wisset ihr, wer das getan?
Sehet, das bin ich.
Treulich dienen will ich ihr,
Nimmer will ich von ihr lassen,
Lohnt sie das mit Undank mir?
Weh, wie könnt ich da mich fassen!
Laß, Frau Venus, mein erbarmen dich,
Sag der Liebsten, daß sie tröste mich.
Immer dienen ohne Lohn,
Das ist jämmerlich!
Wisset ihr, wer das getan?
Sehet, das bin ich.
Immer wird mir Qual zuteil,
Nacht und Tag, zu allen Stunden:
Das tut mir der Minne Pfeil,
Der erneut stets meine Wunden.
Die verbindet mir kein Händlein zart,
Und doch jag ich auf der alten Fahrt!
Immer dienen ohne Lohn,
Das ist jämmerlich!
Wisset ihr, wer das getan?
Sehet, das bin ich.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 234-235)
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