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Hesso von Rinach
(um 1260)
Reicher Sold
Jungen Leuten will ich rathen,
Sich der Freude zu vertrau'n;
Wo wir starren Grund betraten,
Ist der Wonne viel zu schau'n:
Dort entspringen Blumen, Gras und Klee,
Und zergangen sind wie eh
Wiederum der kalte Reif und Schnee.
Meine Fraue will ich flehen,
Gnädiglich zu denken mein;
Nahe möcht' ich gern ihr stehen,
Die so minniglich und rein,
Wäre gegen mich sie nicht ergrimmt,
Daß es schmerzlich mich verstimmt
Und mir immer alle Lust benimmt.
Werther, reiner Frauen Minne
Hebt so freudenreich die Brust;
Das bezeugen Herz und Sinne:
So ergetzt uns keine Lust.
Wenn ich irgend mich besinnen kann,
Freut sich nie so recht ein Mann,
Dessen Herz zu minnen nie begann.
Meine Wonn' und Augenweide
Ist die liebe Frau allein;
Werd' ich jemals frei von Leide,
Muß mit ihrer Huld es sein,
Daß sie zu mir sprech': 'Ich bin dir hold.'
Ach, es wär' ein reicher Sold
Und ich nähm' ihn für des Kaisers Gold.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 173-174)
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