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Konrad von Bickenbach
(um 1250)
Rechter Brauch
Liebet leis und schweiget still,
Diesem Brauch fein aufgepaßt!
Wer nur immer prahlen will,
Macht sich immer nur verhaßt.
Ehrlos ist er offenbar,
Ob er Ritter ist ob Knecht;
Und man tadelt ihn mit Recht,
Wenn er sagt, was gar nicht wahr.
Wollt ihr lieb den Frauen bleiben,
So seid stets auf eurer Hut.
Sind sie lieb zu euch und gut,
Kanns den Kummer euch vertreiben.
Mancher rühmt sich: oft ans Ziel
Brächt ihn süßer Liebesbund,
Preist der Minne holdes Spiel,
Prahlt von Blick und holdem Mund.
Ach, das ist mir kein Genuß!
Wie es gehn soll, wird es gehn,
Nur im Traum ist mirs geschehn,
Daß mich einst beglückt sein Kuß.
Wollt ihr lieb den Frauen bleiben,
So seid stets auf eurer Hut.
Sind sie lieb zu euch und gut,
Kanns den Kummer euch vertreiben.
Nähm ich still, was Liebe giebt,
Käm ich als ein Held mir vor,
Treu im Herzen bleibt geliebt,
Die ich mir zum Trost erkor.
Bei den Fraun erscheint sie klug,
Der ich Seele schenk und Sinn;
Herzenslust und Kaiserin,
Liebst du mich, ist mirs genug.
Wollt ihr lieb den Frauen bleiben,
So seid stets auf eurer Hut.
Sind sie lieb zu euch und gut,
Kanns den Kummer euch vertreiben.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 130)
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Der rechte Brauch
Still geliebt und nichts gesagt!
Diesen Brauch empfehl' ich sehr.
Wer im Prahlen sich behagt,
Macht verhaßt sich immermehr.
Wahrlich, ehrlos steht er da,
Sei er Ritter oder Knecht,
Und getadelt wird mit Recht:
Wer da sagt, was nicht geschah.
Wer reinen Frau'n will lieb verbleiben,
Sei stets auf seiner Hut;
Begegnen sie ihm lieb und gut,
Das kann ihm Leid vertreiben.
Mancher rühmt sich, oft und viel
Werd' ihm Herzensliebe kund
Und der Minne süßes Spiel
Blick in Blick und Mund an Mund.
Ach, mir fehlt der Hochgenuß!
Was ergeh'n soll, wird ergeh'n;
Nur im Traum ist mir gescheh'n,
Daß mir ward ein Liebeskuß.
Wer reinen Frau'n will lieb verbleiben,
Sei stets auf seiner Hut;
Begegnen sie ihm lieb und gut,
Das kann ihm Leid vertreiben.
Nähm' ich still, was Liebe giebt,
Hei, so wär' ich gar ein Held;
Stets im Herzen bleibt geliebt,
Die zu Trost ich mir bestellt.
Bei den Frauen ist sie klug,
Der ich weihe Seel' und Sinn;
Herzenslieb und Kaiserin,
Liebt sie mich, ist mir's genug.
Wer reinen Frau'n will lieb verbleiben,
Sei stets auf seiner Hut;
Begegnen sie ihm lieb und gut,
Das kann ihm Leid vertreiben.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 5-6)
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