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Meister Konrad von Würzburg
(1273 – 1287)
Tau in füllen aber träufet
Auf die rosen ohne reif,
Aus den hüllen sonne teufet
Mancher losen blüte reif,
Darin senken sich die vögelein,
Ihre töne laut sie schwenken,
Dass viel schöne möge sein.
Bei der wonne wohl mit ehren
Soll sich kleiden mannesleib,
Dass ihm könne freude mehren
Ein bescheiden seliges weib:
Wer verdienen weibes minne soll,
Muss erringen holde mienen
Mit viel dingen tugendvoll.
Wessen sinne falsches üben
Als ein dieb und böser freund,
Der will minne so betrüben,
Dass ihm lieb und lohn wird feind.
Man soll zwischen minne alle wucht
Stäter treue glänzend mischen,
Das treibt neue freudenfrucht.
Nachgedichtet von
Friedrich Wolters (1876-1930)
Aus: Minnelieder und Sprüche
Übertragungen aus deutschen Minnesängern
des XII. bis XIV. Jahrhunderts von
Friedrich Wolters. Zweite Ausgabe Berlin 1922 Bei Georg Bondi (S. 123-124)
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