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Oswald von Wolkenstein
(um 1377 – 1445)
Mein Schwabenliebchen
Ich weiß, daß mancher Freude hat
An seinem edeln Eheweib.
Welch Schloß, welch Land sie, welche Stadt
Gebar? - fragt müßiger Zeitvertreib!
Ich werf aus meines Herzens Grund
Hinaus jetzt aller Länder Fund;
Mich liebt dafür ein roter Mund
Vom Land der Schwaben:
Sein Laut
Klingt traut!
Gehaben,
Herz und Gestalt
Ist lieb und fein!
Ja, eine stolze Schwäbin nennt
Ihr eigen dies, ganz tadelfrei;
Sie, die mein Herz als beste kennt,
Erwählt ich, daß mein Weib sie sei.
Mund, Auge, Näslein, Hals und Kinn
Sind hübsch geformt nach meinem Sinn,
Die Haut ist weiß, mit Rot darin,
Auch Hand und Arme!
Die Brust
Giebt Lust,
Ist warm,
Mit tiefem Spalt,
Weiß, rund und rein!
Die Taille schlank, der Hüften Schluß
Vollrund gewölbt, schön unterbaut.
Das Lendenpaar aus kräftigem Guß;
An schlanker Wade zierlich schaut
Ein Fuß hervor, klein aber flink,
Drauf sie stets und ehrbar ging
Daß nie an sie sich Tadel hing!
Ihr Tun und Lassen
Ist hold;
In Gold
Zu fassen!
Mein hat Gewalt
Nur sie allein!
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 282-283)
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