|
Oswald von Wolkenstein
(um 1377 – 1445)
In Kostnitz
(An Margarethe von Schwangau)
1.
O wonnigliches Paradies,*
Wie sehr zu Kostnitz find' ich dich;
Vor allem, was ich hört' und pries,
Von ganzen Herzen freust du mich.
Inwendig, außen, überall
Zu Münsterling** und anderswo
Regiert dein adeliger Schall,
Wer möchte da nicht werden froh?
Viel Augenweid
In manchem Kleid,
Schlicht, zierlich, weit,
Sieht man zu Kostnitz prangen;
Und Mündlein rot,
Zu meiner Not,
Da eins mir droht
Mit rosenroten Wangen.
2.
Gebärde, Wort', ohn' Tadel klug,
Schaut man, und graziösen Tritt
Von mancher Frau; ich sag's ohn' Trug;
Sankt Peter läßt mich's lügen nit,
Des Lob ich immer preisen soll,
Andächtig, wenn ich im Gebet;
Denn er ist aller Ehren voll,
Und thät' mir leid, wer anders red't.
Viel Augenweid
In manchem Kleid,
Schlicht, zierlich, weit,
Sieht man zu Kostnitz prangen;
Und Mündlein rot,
Zu meiner Not,
Da eins mir droht
Mit rosenroten Wangen.
3.
Vielzarte, engelhafte Weib',
Durchleuchtig, schön, mit lichtem Glanz,
Haben besessen meine Leib
Dort in der "Katze"*** bei dem Tanz.
Doch einer ich gedenke viel
Und ihrer herrlichen Gestalt.
Ja, Ehren, Lust und Freudenspiel
Find't man zu Kostnitz mannifalt.
Viel Augenweid
In manchem Kleid,
Schlicht, zierlich, weit,
Sieht man zu Kostnitz prangen;
Und Mündlein rot,
Zu meiner Not,
Da eins mir droht
Mit rosenroten Wangen.
* So hieß eine Vorstadt von Konstanz
** Hier zeichnete sich Oswalds Braut Margarethe durch
schönen Gesang aus
*** Das einstige Zunfthaus der Ritterschaft
Nachgedichtet von Ludwig Passarge
(1825-1912)
Aus: Dichtungen von Oswald von Wolkenstein (1367-1445)
Übersetzt, eingeleitet und erklärt von Ludwig Passarge
Leipzig Reclam 1891 (S. 105-106)
_____
|