Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Reinmar der Alte (von Hagenau)
(um 1194 - 1207)

 


Er hat zu lange mich gemieden,
Den ich mit treuen niemals mied,
Durch seine schuld hab ich erlitten,
Dass ich nie grössre not erlitt.
So lebt mein leib
Nach seinem leibe.
Ich bin ein weib,
Dass ihm vom weibe
Nie liebes mehr geschah,
Wie mir von ihm geschähe:
Mein aug ihn lieber niemals sah,
Als ich ihn heute sähe.

"Mir ist viel liebes nun geschehen,
Dass mir so liebes nie geschah.
So gerne hab ich sie gesehen,
Dass ich sie gerner niemals sah;
Ich lös ihren mut
Von schwachem mute,
Sie ist so gut,
Ich will mit gute
Ihr lohnen, ob ich's könn',
Wie ich doch gerne könnte,
Viel grössre freude ich ihr gönn',
Als ich mir selber gönnte."

Nachgedichtet von
Friedrich Wolters (1876-1930)

Aus: Minnelieder und Sprüche
Übertragungen aus deutschen Minnesängern
des XII. bis XIV. Jahrhunderts von
Friedrich Wolters. Zweite Ausgabe Berlin 1922 Bei Georg Bondi (S. 60-61)

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