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Reinmar von Zweter
(um 1200 – nach 1248)
Ein leib, zwei seelen, ein mund, ein mut,
Vor wanken eine treue und vor loser scham in hut,
Hier zwei, da zwei in eins vereinet tief
mit steten treuen ganz:
Wo lieb mit liebe so kommt überein,
Da kann ich nimmer denken, dass silber
gold und edelgestein
Der beider freude gälte, die sich beut
durch lichter augen glanz.
Und wenn die minne beider herzen bände,
Wo man sie unter einer decke fände,
Dass arm mit arme sich umschlösse,
Der freude frohes dach wär da.
Nun wohl ihm, dem es je geschah!
Das weiss ich wohl, dass es Gott nicht verdrösse.
Nachgedichtet von
Friedrich Wolters (1876-1930)
Aus: Minnelieder und Sprüche
Übertragungen aus deutschen Minnesängern
des XII. bis XIV. Jahrhunderts von
Friedrich Wolters. Zweite Ausgabe Berlin 1922 Bei Georg Bondi (S. 117-118)
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