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Schenk Ulrich von Winterstetten
(um 1240)
Winterlied
Reif und Schnee weiß überall
Feld und Au zu zwingen!
Singen
Muß ich von des Winters rauher Hand.
Will doch selbst der Nachtigall
Mehr kein Lied gelingen;
Bringen
Will der Starke wieder Leid ins Land!
Seht ihr nicht,
Daß heran der Winter ziehe?
Und der Sommer zu sich spricht,
Eh ihm Ungemach gediehe:
Fliehe!
Winter hat das Heft jetzt in der Hand.
Klag ich, daß jetzt Duft und Sang
Fehlen auf der Heide
Beide?
Hab ich selbst nicht Grund, zu klagen sehr?
Sie, nach der mein Herze rang,
Tut mir viel zuleide.
Scheide,
Herrin mich, von meiner Herzbeschwer!
Muß ich sehn,
Wie sie stets ihr Auge wendet
Fort von mir, will ich vergehn,
Weil sie solche Kälte spendet.
Endet
Sich dies Leid nicht, bleib ich freudenleer!
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 123)
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