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Ulrich von Singenberg Truchsässe von St. Gallen
(um 1209 - 1228)
Zwiegespräch 2
Fühlt jemand Leid, wie mir es ward?
Wohl kaum, wenn ich mich recht besinne.
"So sagt mir, wie ist seine Art?"
Seht, mich verderben läßt die Minne.
"Wie kann euch verderben, was unsichtbar?"
Das Denken macht Lust und Unlust fürwahr!
"Ist wirklich dem also?"
Nur von herzlieber Märe
Würde mir leicht und froh!
"Doch wer auf Erden wär bereit,
Zu euch wohl solche Mär zu tragen?"
Die nie mir tragen half mein Leid,
Ich müßte denn ihr ganz entsagen.
"Wer brachte euch denn in so große Not?"
Die Liebe, die Güte, ihr Mündchen so rot!
"Könnt dies euch hilfreich sein?"
Zwar nicht, doch mich erfreute
Solch süßer Wahn allein!
"Nun gut, so wähnt, was euch behagt,
Ich kann euch lindern nicht die Schmerzen."
Noch hab ich alles nicht gesagt:
Mein Lieb liegt mir zu nah am Herzen.
"Vielleicht liegts heute so fern euch wie nie?"
Ach Kummer mir dann aus der Liebe gedieh!
"Wie mancher schon erlebt."
Nein, so hat noch nach Liebe
Keinem das Herz gebebt!
"Ist halb nur wahr, was ihr da klagt,
Ward großes Leid euch zum Gewinne."
Es ist ganz wie ich euch gesagt,
Und ihr seids, die ich herzlich minne.
"Und dennoch erfahrt ihrs nicht anders von mir."
Vielleicht doch bedenket ein weniges ihr!
"Warum bedenken noch?"
Weil ihr es keinem Bessern
Auf Erden tätet doch!
"Es scheint euch leichter wohlgetan,
Als gut es scheint nach meinem Sinne."
Ach laßt von solchem Zweifelwahn,
Wollt ihr behalten Gottes Minne.
"Die will ich behalten, doch zeiget mir, wie?"
Der herzlich euch liebt, dem versaget euch nie!
"Dies Wort verloren ist."
Verloren ist, wer Liebe
Beim Liebenden vergißt!
Nachgedichtet von Richard
Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 63-64)
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