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Ulrich von Singenberg Truchsässe von St. Gallen
(um 1209 - 1228)
Wie sie will
Ich will mit freudereichem Muthe
Singen allezeit ein Weib;
Mir kehr' es ihre Güt' in's Gute,
Die mir Leben, Seel' und Leib
Bannt' in ihre Macht ohn' falsche That,
So daß nie mir Lieb'res kam an's Licht der Welt;
Nimmt sie guten Weibes Herz sich nun zu Rath,
So erhoff' ich, daß der Lohn sich meinem steten Lob gesellt.
Wie freudelos ein Weib auch machte
Einen Mann von treuem Muth;
Sobald sie einmal lieb ihm lachte
Und es recht von Herzen thut,
Geht in Lust sein dreißigjähr'ges Leid dahin;
Dessen bin ich in mir selber mir bewußt.
Böte Trost sie noch, der stets ich eigen bin,
So vergölt' ich, was ich Leides soll vergelten, noch mit Lust.
Bleibt mir versagt der Schönen Güte
Fürderhin so wie bisher,
So zwingt die Liebe mein Gemüthe,
Daß mich dennoch immermehr
Lieb und gut dünkt, was an mir sie mag begeh'n,
Und von ihr ich hoffe stets mein bestes Heil;
Wie sie will, so soll's um meine Freude steh'n
Und mir nie ohn' ihre Gnade werden Gunst und Huld zu Theil.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck
(1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 137-138)
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