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Von Buwenburg
(um 1275)
Kein Kinderspiel
Horch! im Tale wirbelt so laut
Ein lieblich Getöne,
Das Widerhall weckt
Bis fern an die grünenden Hügel.
Es träumt in Blumen und würzigem Kraut
Die Heide, die schöne,
Drin Lerchen versteckt,
Hochschwirrend auf rüstigem Flügel.
Wünschet nun alle: nach lieblichem Maien
Komm uns ein Herbst mit lohnender Ernte,
Da keiner noch lernte,
Ob Pfaffe ob Laien,
Wie gut doch Frucht und Brot uns schmeckt.
Helft mir! es quälen ohn Maß und Ziel
Um jene mich Schmerzen,
Der stets ich gestrebt
Zu dienen so treu und so lange.
Fürwahr, es bedeutet kein Kinderspiel,
Dies Klopfen im Herzen;
Und drückend umschwebt
Den Geist mir ein Ahnen so bange.
Müßt doch ein Herz, und wär es basalten,
Erweichen die Sehnsucht, die so mich zerrieben,
Seitdem nach der Lieben
Der Gram es zerspalten -
Mich wunderts, daß dies Herz noch lebt!
Holde, so schön und so minniglich,
Erschließ dein Gemüte,
Laß Minne dort ein,
Daß Huld sie bei mir erwerbe.
Laß von der Liebe bezwingen dich,
Und gieb ihr voll Güte
Ein Teilchen der Pein,
Damit ich allein nicht verderbe.
Schöne, Vieltraute, gerecht sei und billig,
Laß mich genießen mit freundlichem Sinne
Doch bald deine Minne,
Dann sollst du mich willig
Und treulich sehn als Diener dein!
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 224-225)
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Kein Kinderspiel
In dem Thal aufwirbelt laut
Der Vögel Getöne
So herrlich und fein,
Daß über die Berg' es erklinget.
Haide liegt so hold und traut
In blumiger Schöne;
Es birgt sich darein
Die Lerche, die hoch sich erschwinget.
Wünscht nun Alle, nach dem lichten Maien
Kommen mög' ein Herbst mit reicher Ernte,
Da Keiner erlernte,
Froh lange zu sein
Ohn' Essen, so Pfaffen wie Laien.
Helft, mich quälen gar zu viel
Um Jene die Schmerzen,
Der stets ich gelebt
Und diente so treu und so lange.
's ist fürwahr! kein Kinderspiel,
Solch Pochen im Herzen;
In Trauer mir schwebt
Mein Geist von dem drückenden Zwange.
Müßt' ein Demantherz sich doch zerspalten
Bei der Sehnsucht, die ihm stets verblieben,
Seitdem nach der Lieben
Voll Kummer es strebt;
Weiß nicht, wer so lang' es erhalten.
Lieb, so schön und minniglich,
Erschließ das Gemüthe,
Laß Liebe hinein,
Die mir dich zur Freundin erwerbe.
Minne soll bezwingen dich
Und theilen in Güte
An Beide die Pein,
Auf daß ich allein nicht verderbe.
Schönes Lieb, mein trauter Schatz, sei billig;
Mache theilhaft, Frau, mich deiner Minne
Mit freundlichem Sinne;
So will ich dir weih'n
Viel Dienste getreulich und willig.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 110-111)
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