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Von Buwenburg
(um 1275)
Klageliedchen
Minne läßt kein Fädelein
Mir von Freude mehr am Leibe.
Ach wie schwindet mir die Pein,
Die mir kommt von einem Weibe?
Die mein Herz bewahrt tief-innen,
Ach, der werd ich fremder täglich,
Und ich lieb sie so unsäglich,
Daß mirs Sünde könnt gewinnen.
Die mir in den Augen lieb,
Ist mir lieber noch im Sinne,
Die mir immer ferner blieb,
Um so näher ich sie minne.
Und ihr Mund hat ungebührlich
Oft vor Schreck mich ganz entmutet:
Denn ich wähnte, daß er blutet,
Doch die Röte war natürlich.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 225-226)
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