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Von Stamheim
(um 1254 - 1280)
Maientanzlied
Wohlauf zum Reigen vor den Wald,
Hin auf die breite Weide,
Wo Blumen wonnig stehn im Gras
Erschlossen mannigfalt.
Schon scholl es auf der Heide
So hold, weil dort ein Vöglein saß,
Zu dessen Lied ein jedes sang.
Laut erklang
Süßer Schall
Von der lieben Nachtigall.
Wohlauf ihr Mädchen, ziehn wir fort,
Zu tanzen und zu reien,
Wo schöne Blumen stehn im Kranz.
Die Heide schmückt sich dort
Zum Willkomm für den Maien
Mit ihres besten Kleides Glanz.
Die Vöglein freun des Sommers sich,
Und auch ich
Tät es gern,
Wenn mir Kummer bliebe fern.
Und vor dem Walde tanzten all
Und bunte Schleifen flogen,
Wo man sich schwang im Ringelkranz;
Und munter sprang der Ball,
Indes zum Fiedelbogen
Rings drehte sich der Maientanz,
Und Hans und Grete sang beim Spiel.
Freuden viel
Gab es da,
Fröhlich war man fern und nah!
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 173)
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Der Maientanz
Wohlauf, zum Reihen vor dem Wald
Auf jene lange Weide,
Wo hold und wonniglich die Blumen durch das Gras
Sind aufgedrungen mannigfalt!
Dort scholl es auf der Haide
So wundersam, wo manch ein kleines Vöglein saß
Und lustiglich in seinem Ton ein jedes sang.
Laut erklang
Süßer Schall,
Den that die liebe Nachtigall.
Wohlauf, ihr Mädchen, zieh'n wir fort,
Zu tanzen und zu reihen,
Wo weit umher viel Blumen steh'n im Wiesengrund!
Die Haide liegt so prächtig dort,
Sie hat sich auf den Maien
Geziert mit ihrem besten Kleid, so grün und bunt;
Die Vögel alle sind der Sommerwonne froh;
Grade so
Thät' ich gern,
Wenn mir ein Kummer bliebe fern.
Und vor dem Wald erging der Schall:
Viel bunter Schleifen flogen
Am Sammelplatz und hell erglänzte mancher Kranz;
Die Mädchen warfen auch den Ball.
Dann klang der Fiedelbogen
Und rings umher begann ein großer Maientanz;
Den sang da Bele vor und manch ein Trautgespiel.
Freuden viel
Hatten die;
Da war man froh; Gott helf' uns hier!
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 194-195)
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