Minnesang

Nachdichtungen deutscher Minnesänger
 

 

 


Walther von Metz
(um 1245)


Zähe Treue

Wer da der Minne pflegt und doch
Nie ans geliebte Ziel kann dringen,
Der ließe, wenn er weise, solchen Wahn!
Ich rat ihm gut, da ich doch selbst
In mir den Drang nie könnt bezwingen,
Zu weichen von so aussichtsloser Bahn.
So hab ich viele Zeit vertan
Mit ganz verlorenen Dingen,
Und unterließ es nur, wenn mich
Gewalt verdrängte von dem Plan.

Ich suchte viel und wählte dann
Von allen guten Frauen eine,
Wie schönere und bessre nie zu sehn.
Doch noch genoß von ihrer Gunst
Ich nichts, und wärs nur eine kleine:
Sie ließ noch nie ein Wort an mich ergehn!
Nun möcht ich gern mich glücklich sehn,
Doch will mein Herz sonst keine,
Als nur die eine, ach! von der
Mir noch nichts Liebes ist geschehn.

Doch bleibt mein Herz gewidmet ihr
Als einem allerbesten Weibe,
Und scheiden soll mein Herz von ihr sich nie!
Ich schwur ihr treue Dienste zu,
Wohin mich auch die Stunde treibe,
Und ob mir auch von ihr kein Lohn gedieh!
Und was mir das Geschick verlieh,
Treu ihr ich dennoch bleibe –
Frau Minne, nun erbarm dich mein,
Du weißt es wohl: ich will nur sie!

Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)

Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 124)

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