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Wernher von Teufen
(um 1225 -1240)
Frühlingslied
Freuet euch nun Jung und Alt,
Winter kalt
Muß jetzt von uns scheiden.
Schauet an den Wald,
Feld und Anger ziert ein Kleid,
Weit und breit
Blüht es auf den Heiden
Voller Freudigkeit.
Blumen weiß
durch grünes Reis
Glänzend blicken;
Dich zu schmücken,
Jugend, rüste dich mit Fleiß!
Ringsum hört man Vogelsang
Sonder Wank
Klingen in der Aue,
Die der Winter zwang.
Ihr Gemüt ist hoch und hehr,
Recht mirs wär,
Wenn mich meine Fraue
Froh noch machte mehr;
Sie, die mir
im Herzen hier
Wohnt verborgen,
Schied von Sorgen
Mich noch nie: das klag ich ihr!
Dulde von ihr Ungemach,
Manches Ach
Fügte mir die Reine,
Und mein Mut ist schwach.
Seht, das muß erdulden ich
Züchtiglich;
Sie hat Fehler keine
Und ist minniglich.
Voller Lust
und des bewußt
Ist ihr Minnen,
All mein Sinnen
Zwingt sie mir in tiefster Brust.
Der vielsüße Mund so rot
Hat mir Not
Zugefügt und Schmerzen,
Ach und fast den Tod.
Bleibt die schmerzensvolle Pein
Länger mein,
Dann muß meinem Herzen
Fremd die Freude sein.
Leib und Sinn
hat sie dahin
Mir genommen,
Und gekommen
Bin ich um des Glücks Gewinn.
Mein vielsehnend Herze klagt
Gar verzagt,
Daß mir Lieb verborgen,
Die mir wohl behagt.
Währt noch dieser heftige Streit
Lange Zeit,
Macht so tiefes Sorgen
Mich zum Tod bereit.
Wär ich ihr
lieb, wie sie mir,
Leid verschwände,
Trost dann fände
Ganz mein Herz noch nach Begier.
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 90-91)
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