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Wizlav Fürst von Rügen
(um 1304 – 1325)
Schlaflose Nacht
O weh, ich hab gedacht
Die ganze Nacht
An meine Liebesschmerzen,
Da mich ein Weib versehrt,
Die mir verwehrt,
Was ich mir wünsch von Herzen!
Ich wünsche, daß mir böte
Ihr Mündchen einen Kuß.
Allen Verdruß
Vergäß ich, alle Nöte!
Wär das, du süße Frucht,
Denn deine Zucht,
Daß du mich willst verderben?
Wer bittend vor dir steht
Und Huld erfleht,
Den laß du Glück erwerben.
Nun folge meinem Worte
Und gieb der Minne Pfand
In seine Hand
Tief aus des Herzens Horte.
Daß ich trotz meinem Sang
Doch nichts errang
Von deiner hohen Minne,
Sodaß ich bittre Not
Und fast den Tod
Am Ende noch gewinne!
Drum will ich stets dich bitten:
Ich weiß, daß nie mir Rat
Und Hilfe naht
Für das, was ich erlitten!
Nachgedichtet von Richard Zoozmann (1863-1934)
Aus: Der
Herrin ein Grüßen
Deutsche Minnelieder
aus dem zwölften bis vierzehnten Jahrhundert,
ausgewählt und nachgedichtet
von Richard Zoozmann
Leipzig 1915 (S. 261)
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Schlaflos
O weh, die ganze Nacht
Hab' ich gedacht
An meine großen Schmerzen,
Wie mich ein Weib versehrt,
Die mir verwehrt,
Was still ich wünsch' im Herzen,
Daß her zu mir sie ginge.
Von ihrem Mund ein Kuß
Ist Hochgenuß;
Wie froh ich den empfinge!
Das wäre deine Zucht,
Du süße Frucht,
Daß du mich willst verderben?
Wer bittend zu dir geht
Und Gnad' erfleht,
Dem sollst du Glück vererben,
Nun folge meinem Worte
Und gieb der Minne Pfand
In seine Hand
Recht aus des Herzens Horte.
Ach, daß ich nichts errang
Trotz meinem Sang
Von deiner hohen Minne!
Darum erleid' ich Noth
Und bittern Tod,
Den ich davon gewinne.
Stets will ich zu dir stehen:
Ich weiß, daß nie mir Rath
Und Hülfe naht
Für meines Herzens Wehen.
Nachgedichtet von
Wilhelm Storck (1829-1905)
Aus: Buch der Lieder aus der Minnezeit
von Wilhelm Storck
Münster Adolph Russell's Verlag 1872 (S. 288-289)
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