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Kalidasa
(4. - 5. Jh.)
Meghaduta oder Der Wolkenbote
"Was nun das vorliegende
Gedicht, den Meghaduta oder Wolkenboten selbst anlangt, so ist sein
Inhalt gewissermassen ein abgebrochener. Der Dichter versetzt uns sogleich
mitten in die Handlung und wir wissen nichts, als dass ein Diener des
Gottes des Reichthums, der sein Amt nachlässig betrieben hatte, durch
seinen Herrn auf ein Jahr von seinem Sitze, dem Kailasa und von seiner
Gattin hinweg nach dem Süden, und zwar nach dem Ramagiri verbannt worden
sei. (...) Der Jakscha, der von Kuvera mit der Bewachung der goldenen
Lotos im Manasesee beauftragt sei, habe eine Nacht in seinem eigenen Hause
mit seiner Geliebten zugebracht. Unterdess seien die Weltelephanten
gekommen und hätten den See und seine Blumen zertreten. Erzürnt darüber
habe dann Kuvera den Fluch ausgesprochen: 'Weil Du aus Liebe zu Deiner
Frau die Bewachung der Lotos vernachlässigt hast, darum verfluche ich
Dich, getrennt von Deiner Gattin, und Deiner Würde beraubt zu sein.' Erst
später habe er auf dessen Bitten die Dauer des Fluches auf ein Jahr
beschränkt. (...) Das Gedicht selbst aber zerfällt in drei Theile. Der
erste Abschnitt bildet eine Art Einleitung: Der Verbannte trauert im
Büsserhain des Ramaberges und erblickt in seinem Schmerze plötzlich eine
Wolke, die auf ihrem Wege von Süden nach Norden sich auf dem Gipfel des
Berges gelagert hat. Von Sehnsucht bethört hofft er, dass selbst eine
Wolke der fernen Geliebten eine Botschaft bringen könne, er ruft sie an,
klagt seine Noth und bittet sie nach Alaka, dem Sitze jener Jakschas zu
eilen, um dort der trauernden Gattin durch eine Botschaft von ihrem
Geliebten, Trost zu bringen.
(...) " (Aus der Einführung zu Megadhuta)
1.
Im Büsserhain des Ramabergs1, am Quell, den Sitas2 Bad geweihet,
Dort wohnt ein Jakscha3, wo im Wald dichtschattig Baum an Baum sich reihet,
Ihn hat des Herren schwerer Fluch ein Jahr verbannt von seinen Lieben,
Hat ihm geraubt des Glückes Glanz, weil lässig er sein Amt betrieben.
(S. 1)
2.
Dort hatte manchen langen Mond der Liebende getrennt gelitten,
Indess von seinem magren Arm der goldne Reif herabgeglitten;
Da, an Aschadhas4 erstem Tag, kam ein Gewölk herangeflogen,
Als wenn voll Wuth zum Stosse sich ein wilder Elephant gebogen.
(S. 2)
3.
Kaum hielt der Schwache sich empor, kaum hielt zurück er seine Thränen,
Vor ihr, die die Pandanen tränkt und träumte lang voll heissem Sehnen;
Selbst dem Beglückten schlägt das Herz, sieht er die Wolke weiter rücken,
Ein Fremdling stirbt vor Sehnsucht fast, die Gattin an sein Herz zu
drücken.5
(S. 2)
4.
Drum bei des Wolkenmondes Nah'n will er der Gattin Grüsse senden,
Die Kunde seines Wohlergehn's soll ihr auch neues Leben spenden;
Zum Opfer weiht er dem Gewölk vom Kutadscha die schönsten Blüthen,
Und ruft ihm ein Willkommen zu mit Worten die von Liebe glühten.
(S. 3)
5.
Was soll die Wolke, die aus Dunst, Licht, Wasser, Luft hervorgegangen,
Da nur durch eines Boten Mund die Grüsse hin zum Ziel gelangen?
Nicht dachte je der Guchjaka6, er nahte sich mit heissem Flehen;
Wen Liebe quält, der klaget stets, mag Keiner auch sein Leid verstehen.
(S. 3)
6.
Ich kenne Dich, Du Wechslender7, mit Lust geweiht zu Indras Knechte,
Aus der Puschkaravartakas weithin gepriesenem Geschlechte8.
Verbannt vom Schicksal nah' ich dir; die Bitte, selbst die fehlgethane
An einem Edlen ziemt sich mehr, als die vom Niederen empfah'ne.
(S. 4)
7.
Du bist ja der Gequälten Trost, o Wolke, bringe meiner Lieben
Den Gruss von mir, der durch den Zorn Kuvera's9 weit von ihr vertrieben;
Geh nach der Jakschafürsten Sitz, nach Alaka in deren Hainen
All die Paläste hell und klar vom Mond des Harahauptes10 scheinen.
(S. 4)
8.
Wenn Du der Winde Weg betritst, so seh' auf Dich der Wandrer Frauen,
Die noch die Locken11 nicht gelöst, und athmen wieder voll Vertrauen.
Wer kehrte zur Verlass'nen nicht, so bald er hört des Donners Klänge,
Wenn nicht auch ihn vielleicht, wie mich, des Herrn Befehl zu bleiben
zwänge.
(S. 5)
9.
Leis', leise treibt der Wind Dich fort, als wär' er günstig Deinen Wegen,
Der wassergier'ge Tschataka12 singt schön und heilvoll Dir entgegen;
Dich der Du reichen Segen bringst, Dich grüssen an dem Himmelsbogen
Balakas13 in geschlossnen Reihn, die frohen Blicks dir nachgezogen.
(S. 5)
10.
Wenn schnell du gehst, wirst du o Freund die Gattin noch am Leben finden,
Die mir getreu die Tage zählt, die ach so langsam ihr entschwinden;
Das Band der Hoffnung hält ja fest der Frauen treuerfüllte Herzen,
Wie einen zarten Blumenkelch, bei langer Trennung bittren Schmerzen.
(S. 6)
11.
Die weissen Schwäne14, die der Ton des labenden Gewitters wecket,
Das mit der Pilze Sonnendach die heissgesengte Erde decket,
Sie folgen zum Kailasa Dir, um nach dem Manasa zu kommen,
Ein Stückchen Lotos haben sie als einz'ge Zehrung mitgenommen.
(S. 6)
12.
So scheide denn vom hohen Berg'15, den Du als lieben Freund umschlungen,
Auf dessen Pfad die heil'ge Spur von Rama's Füssen eingedrungen.
So oft du fliegst an seine Brust, wirst Du die alte Liebe schauen,
Der Trennung heisse Thräne wird Dir aus den Augen niederthaeun.
(S. 7)
13.
Lass nun, o Segenspender, Dir den rechten Weg der Reise sagen,
Und höre meine Botschaft dann, um in die Ferne sie zu tragen.
Bist müde Du auf Deinem Pfad, so lass Dich auf den Bergen nieder,
Bist durstig Du, so stärke Dich am leichten Dunst der Flüsse wieder.
(S. 7)
(...)
67.
Dort, wo die Iakschas mit den Frau'n auf den Palästen sich
vereinen,
In deren diamantnem Dach der Sterne Blumen wiederscheinen,
Wo sie im Wein des Kalpabaums zum Liebestaumel sich berauschen,
Indess die Donner der Musik, so dumpf wie Deine Töne rauschen,
(S. 35)
68.
Dort, wo der Mädchen nächt'ger Gang verrathen wird am frühen
Morgen,
Durch Blumen, die vom Haupt gefall'n bei ihres Herzens bangen Sorgen,
Durch Lotos, der ihr Ohr geziert und die sie auf dem Weg' zerstückten,
Durch ihrer Locken Perlennetz, durch Ketten, die den Busen schmückten,
(S. 35)
69.
Dort, wo mit ungestümer Hast die Jakschas ihre Frau'n
umfassen
Und ihre Gürtel aufgelös't die leichten Kleider sinken lassen;
Wo dann die Frau'n, von Scham erfüllt, das Licht mit Sandelstaub bedecken,
Doch höher nur den hellen Schein der diamantnen Lamp' erwecken,
(S. 36)
70.
Dort, wo die Wolken, die der Wind hoch auf die Schlösser
hingetragen,
Mit ihren frischen Tropfen oft die schönen Bilder ganz zerschlagen,
Und durch die Fenster dann hinweg, als wollte Furcht ihr Herz erfassen,
Schnell in die Lüfte sich zerstreu'n, gleich wie des Rauchs zerriss'ne
Massen,
(S. 36)
71.
Dort, wo den Frauen, die sich matt aus der Geliebten Armen
wenden,
Der Tschandrakanta's Perlenreih'n16 mit kleinen Tropfen Kühlung spenden,
Die, wenn des wolkenlosen Mond's lichtklare Strahlen wieder scheinen,
Als kühler Thau herniederfall'n von aufgereihten Mondessteinen,
(S. 37)
72.
Dort, wo der bange Liebesgott17 den angespannten Bienenbogen
Voll Angst verbirgt, wenn Srida's Freund zu dem Kailasa hingezogen;
Und wo er dennoch siegreich ist, da schöne Frau'n mit muntern Blicken
Von den gebog'nen Brau'n hinab tief in das Herz die Pfeile schicken,
(S. 37)
73.
Dort, nördlich von Kuvera's Schloss, kommst Du zu unsrem Haus'
gezogen,
Von ferne schon erschaust Du dort an seiner Thür den Regenbogen18.
Der Baum, der einst mein Pflegekind, wird jetzt, bei meiner Gattin Pflege,
Mit seiner vollen Blüthenpracht sich beugen auf des Gartens Wege.
(S. 38)
74.
Den Teich in meinem Garten dort umschliessen rings smaragn'ne Stiegen
Und goldne Lotos siehst Du sich auf dunklen Lazurstängeln wiegen;
Die Schwäne, die bei Deinem Nah'n beglückt die stille Fluth
durchschneiden,
Sie möchte nie zum Manasa19 von ihrer alten Wohnung scheiden.
(S. 38)
75.
Ein Hügel steht am Ufersrand, von dunklem Saphir glänzt die Spitze,
Ein goldener Platanenzaun umstrahlt ihn wie mit goldnem Blitze,
Es war der Gattin Lieblingsplatz; drum, wenn Dein dunkles Blau ich sehe,
Das goldne Blitze rings umsprühn, so denk' ich sein in bitt'rem Wehe.
(S. 39)
76.
An der Samantilaube dort, die Tausendschönchen rings umblühen,
Sieh bei dem lieben Kesara den schwankenden Asoka20 glühen;
Der eine wendet still sich hin zu Deiner Freundin schönen Füssen,
Der and're möcht' ihr, so wie ich, als einz'ger Trost die Lippen küssen.
(S. 39)
77.
In Mitten siehst Du auf Krystal die Säule, die von Gold gegossen,
Es gleichet ihr smaragd'ner Fuss des grünen Schilfes frischen Sprossen:
Dort sitzt - noch spät - Eu'r Freund21, der Pfau; die Gattin lässt die
Spangen klingen,
Wenn mit der Hand den Takt sie schlägt, und lässt ihn auf und nieder
springen.
(S. 40)
78.
O merke diese Zeichen, Freund, dann wirst Du bald die Wohnung sehen,
An deren Pforten, schön gemalt, der Lotos und die Muschel22 stehen.
Jetzt wird das Haus, da ich so fern, nicht mehr in hellem Glanze strahlen,
Die Lotosblume welkt ja auch des Nachts bei ihrer Trennung Qualen.
(S. 40)
79.
Auf jenen Hügel steig' herab, doch soll die Last ihn nicht erdrücken,
Leicht, wie ein junger Elephant, tritt dann auf seinen schönen Rücken.
Von dort lass' dann des Blitzes Blick in ihre stille Kammer fallen,
So wie mit leisem, leisem Glanz' Glühwürmchen durch die Lüfte wallen.
(S. 41)
80.
Die Zarte, deren Haut so braun, vor deren Mund der Bimba23 weichet,
Die mit den Zähnen dem Jasmin und mit dem Aug' dem Rehe gleichet;
Die schlanken Wuchs mit edlem Gang und reicher Gliederfülle einet,
Sie, welche in der Schönheit Reich, ein Meisterwerk des Schöpfers
scheinet,
(S. 41)
81.
Erkenne sie, die wenig spricht, die Gattin, die mein andres Leben,
Die, wie Tschakravaki24 klagt, wenn sich ihr Freund hinwegbegeben.
Die heisse Sehnsucht nahm gewiss ihr in der Trennung bittren Tagen,
Der Jugend Reiz, als wenn ein Frost wild in die Lotosflur geschlagen.
(S. 42)
82.
Die Augen der Geliebten sind vom vielen Weinen wohl geschwollen,
Erbleichet ist der rothe Mund, dem heisse Seufzer oft entquollen;
Ihr Haupt, das auf der Hand gestützt, bedeckt fast ganz der Locken Fülle,
Es ist, als ob der bleiche Mond in Wolkenschleier sich verhülle.
(S. 42)
83.
Vielleicht steht sie beim Opfer jetzt, wenn sie den Anblick dort
erreichet,
Sie malt vielleicht mein Ebenbild, das abgehärmt dem Fernen gleichet.
Vielleicht fragt sie die Sarika25, die so geschwätzig sonst gewesen,
"O Stumme, denkst des Gatten Du, der Dich zum Liebling einst erlesen?"
(S. 43)
84.
Vielleicht hat sie, im dunklen Kleid, die Leier auf den Schooss genommen,
Ein Lied, das meinen Namen trägt, ist auf die Lippen ihr gekommen;
Doch bald, nachdem sie bei dem Spiel die Seiten nass von Thränen machte,
Vergisst sie mehr und immer mehr die Töne, die sie selbst erdachte.
(S. 43)
85.
Auch nimmt sie von der Thüre wohl die monatlich geweihten Kränze26
Und rechnet so die Monden ab von Deines Fluches fester Grenze;
Ja auch die Lust des Wiederseh'ns mag sie vorher schon oft empfinden,
So können ja verlass'ne Frau'n den einz'gen Trost der Trennung
finden.
(S. 44)
86.
Am Tag', wo sie beschäftigt ist, erträgt sie eh'r der Trennung Schmerzen,
Doch in der Nacht, wo sie allein, fühlt härt'ren Kummer sie im Herzen.
Drum musst Du dann vom Fenster Dich zu ihrer Lagerstätte schwingen,
Du kannst mit meiner Botschaft ja in dunkler Nacht ihr Tröstung bringen.
(S. 44)
87.
Die eine Seite liegt enthüllt herab von ihrem Wittwenlager,
Dem Mondesstreif im Osten gleich, macht sie der Schmerz der Trennung
mager.
Die Nacht, die, wie ein Augenblick, in ihren Armen mir entflossen,
Sie wird von der Verlass'nen jetzt mit heisser Thränenfluth begossen.
(S. 45)
88.
Der Seufzer nahm der Lippen Roth, sie streicht hinweg von ihren Wangen
Die Locken, die vom kalten Bad noch ungeschmückt herniederhangen.
Sie möchte schlafen, denn ein Traum, er kann sie ja mit mir vereinen,
Doch selbst der Schlaf ist ihr versagt vor ihrer Augen stetem Weinen.
(S. 45)
89.
Das Haar, das sie am ersten Tag ohn' allen Schmuck zusammenwunden,
Das ich allein ihr lösen soll, wenn mit dem Fluch der Schmerz
verschwunden,
Sie salbt und schmückt es nimmermehr und streicht sie es von ihren Wangen,
So bleibt sie mit den Nägeln oft in den zerzaus'ten Flechten hangen.
(S. 46)
90.
Das Mondeslicht, das himmlisch kühl durch ihre Fenster eingedrungen,
Sie blickt es an und schaut hinweg voll schöner Rückerinnerungen;
Ihr thränenschweres Augenlied hat sie voll Schmerz herabgeschlagen,
Dem Lotos27 gleich, der weder schläft, noch auch erwacht in trüben Tagen.
(S. 46)
91.
Mit keinem Schmucke zieret jetzt die Arme ihre zarten Glieder
Und stets von neuem Schmerz gequält, sinkt auf des Lager's Rand sie
nieder,
Gewiss erregt ihr heisser Schmerz, o Freund, auch Deinen Thränenregen,
Denn jeder, der so weich wie Du, lässt ja zum Mitleid sich bewegen.
(S. 47)
92.
Ich kenn' es wohl, der Freundin Herz, das nur von Gattenliebe brennet;
Drum, glaub' ich, klagt sie jetzt so sehr, da wir zum ersten Mal getrennet;
Denk' nicht, dass ich zu viel gesagt, o Freund, in eitelem Vertrauen,
In Kurzem wirst Du Alles dort mit Deinen eignen Augen schauen.
(S. 47)
93.
Ihr Auge, das sie nicht geschmückt, worauf die Locken niedersinken,
Das nicht im Wein sich mehr berauscht und längst vergass der Brauen
Winken,
Es blicket schnell zu Dir empor, so bald Dein Nahen sie gehöret,
Gleich wie, wenn eines Fisches Stoss den Lotos aus dem Schlummer störet.
(S. 48)
95.28
Doch sollte sie zu jener Zeit ihr Haupt zum süssen Schlummer neigen,
So harre wenig Stunden nur und lass die lauten Donner schweigen!
Dass nicht, wenn den Geliebten sie im Traum an ihre Brust gezogen,
Ihr Arm getäuscht herniedersinkt, der sich um seinen Hals gebogen.
(S. 48)
96.
Erwecke sie, wenn sie der Wind, gleich des Jasmines welken Sprossen,
Mit seinem frischen Weh'n erquickt, das Deine Tropfen kühl durchflossen:
Und wenn sie starr zum Fenster schaut, wo Deine goldnen Blitze zücken,
Dann mögest Du die edle Frau mit ernstem Donnerwort beglücken!
(S. 49)
97.
"Dein Gatte lebt! als treuer Freund bin ich von ihm zu Dir gekommen
Und bringe seine Botschaft Dir, die in mein Herz ich aufgenommen.
Du kennst mich ja, mein Donn'ren lässt nicht Rast den müden
Wandrerschaaren,
Die gern die Flechte schon gelö'st aus der verlassnen Gattin Haaren."
(S. 49)
98.
Bei dieser Rede wird ihr Herz von neuer Sehnsucht sich erschliessen,
Wie Maithili29 den Sohn des Winds, so wird sie freundlich Dich begrüssen,
Und lauschen wird sie Deinem Wort, denn Botschaft aus des Gattin Munde,
Wie sie ein Freund der Gattin bringt, gleicht fast der Rückkehr schönster
Stunde.
(S. 50)
99.
Drum sag', o Freund, zum Troste dann ihr meine Red' und auch die Deine,
Und sprich: "Dort auf dem Ramaberg lebt noch Dein Freund im Büsserhaine,
Und fragt Dich, wie es Dir ergeht, da Du getrennt von ihm musst leben."
Mit solchen Worten muss man stets den ersten Trost den Schwachen geben.
(S. 50)
100.
"Der Langertfernte kommt zu Dir, zu Dir, der Magern und Betrübten,
Zu Dir, die Du in Thränenfluth voll Sehnsucht bangst nach dem Geliebten;
Er kommt, tiefseufzend, trüb' und matt, von heissem Sehnen abgezehret -
Doch in Gedanken kommt er nur, da Rückkehr ihm das Schicksal wehret."
(S. 51)
101.
"Dein Freund, der oft ins Ohr Dir sprach, was Keinem heimlich bleiben
sollte,
Nur weil er unbemerkt Dein Haupt mit seinen Lippen küssen wollte,
Schickt jetzt, da Du ihn nicht mehr siehst, noch seine Worte zu Dir
schweben,
Durch meinen Mund, die Grüsse Dir, die ihm die Sehnsucht eingegeben."
(S. 51)
102.
"Ich sehe zwar in krauser Fluth das muntre Spielen Deiner Brauen,
Im Aug' des Rehes Deinen Blick, Dein Haar im vollen Schweif der Pfauen;
Ich seh' im Monde Dein Gesicht und im Prijangu30 Deine Glieder,
Doch ach! an einem Ort vereint find' ich Dein Bildniss nirgends wieder."
(S. 52)
103.
"Als Zürnende mal' ich Dich oft mit rother Farb' auf platten Steinen!
Und möchte dann mein eignes Bild zu Deinen Füssen Dir vereinen,
Doch langsam steigt die Thrän' empor und hüllt in Dunkel meine Blicke.
Ach! hier auch werden wir getrennt von unserm feindlichen Geschicke."
(S. 52)
(104.31) 105.
"Wenn mich des Waldes Götter sehn, wie ich nach Dir die Arme breite,
Um Dich an meine Brust zu ziehn, sah ich im Traum Dich mir zur Seite,
Dann, glaub' ich, werden oftmals auch aus ihren Augen Thränen sinken,
Die, gross wie Perlen, in dem Wald rings an den frischen Knospen blinken."
(S. 53)
106.
"Die Winde vom Himalaja, die manchen Blüthenkelch zertheilen
Und süss vom Blumennektarsaft hin nach dem Süden weiter eilen,
Ich drücke sie an meine Brust und fühle Wonne im Gedanken,
Dass sie vielleicht in früh'rer Zeit auf Deine Glieder niedersanken."
(S. 53)
107.
"O, möchte doch die lange Nacht mir, wie ein Augenblick, verschwinden,
O, möchte doch des Tages Licht am frühen Morgen schon erblinden!
So seufz' ich oft, Holdblickende, bei unsrer Trennung bittern Schmerzen,
Doch keine Macht auf dieser Welt giebt Trost dem hoffnungslosen Herzen."
(S. 54)
108.
"Oft denk' ich unsrem Schicksal nach und kann mit eigner Kraft mich heben,
Drum, Herrliche, darfst Du auch nicht Dich der Verzweiflung ganz ergeben:
Wer kennt ein ungestörtes Glück? Wer seufzte je in ew'gem Drange?
Das Glück steigt auf und sinkt herab, gleich wie ein Rad in schnellem
Gange."
(S. 54)
109.
"Mein Fluch ist aus, wenn Kesava32 vom Schlangenlager sich erhebet,
Drum drücke Deine Augen zu, bis dass der vierte Mond entschwebet:
Wir werden nach der Trennung Pein nur höh're Wonne noch geniessen,
Wenn in des Herbstes kühler Nacht die Vollmondstrahlen niederfliessen."
(S. 55)
110.
"Und auf dem Lager wirst Du dann beglückt an meinem Halse hangen,
Du schlummerst ein und Du erwachst, - und Thränen steh'n auf Deinen
Wangen, -
Ich frage Dich, was weinest Du? und lachend giebst Du mir die Kunde:
""Ich sah im Traum, o Böser, Dich, an eines andren Mädchens Munde.""
(S. 55)
111.
"Wenn Du aus dieser Botschaft nun gehört von meinem Wohlbefinden,
So lass, Schwarzäugige, darauf, auch jeden bösen Zweifel schwinden!
Die Trennung ist der Liebe Tod, so sagt man wohl, doch die Entbehrung
Macht grösser nur der Liebe Glück, wenn unsrem Sehnen wird Gewährung."
(S. 56)
112.
O Herrlicher, sag', wirst Du nun mir diesen Freundesdienst erzeigen?
Ich schöpfe frohe Zuversicht, verharrst Du auch in tiefem Schweigen;
Stumm giebst Du ja den Tschataka's auch die erbet'nen Wasserspenden:
Statt des Versprechens pflegt ein Mann gleich das Erbet'ne zu vollenden.
(S. 56)
113.
Wenn Freundschaft oder Mitgefühl mir Deine Hülfe zugewendet,
Und Du, worum aus Gattenpflicht mein Herz Dich bat, mir treu vollendet,
Dann zieh' nach Deinem Lieblingsort. Mög' reicher Regen Dich beglücken
Und möge nie des Schicksals Spruch Dich aus der Gattin33 Arm entrücken!
(S. 57)
Anmerkungen:
1 Im Sanskrit Ramagiri, d.h. der Berg, wo sich Rama, der Held des grossen
indischen Epos, Ramayana, während seiner Verbannung nach dem Süden mit
seiner Gattin Sita und seinem Bruder Lakshmana aufgehalten.
2 Sita war die Frau des Rama, die ihm in seiner Verbannung folgte und
später vom Ravana geraubt ward. Sie war die Tochter des Dschanaka, wie sie
auch im Texte genannt wird, und die Quellen in denen sie badete, wurden
dadurch geheiligt.
3 Die Jakschas sind eine Art Halbgötter, die steten Begleiter des Kuvera,
des Gottes des Reichthums und Hüter seiner Schätze auf dem Kailasa.
4 Der Aschadha fällt Ende Juni und Juli, die Zeit, wo in Indien die
grossen Wolken von Süden nach Norden ziehn und die Regenzeit eintritt.
5 Beim Eintreten der Regenzeit kehren gewöhnlich die in in die Ferne
Reisenden in ihre Heimath zurück, da die Wege dann schlecht werden; daher
finden wir oft die Sehnsucht der Frauen geschildert, wenn zu jener Zeit
ihre Geliebten noch nicht zurück sind.
6 Ein andrer Name für Jakscha
7 Dies bezieht sich auf die verschiedenen Gestalten, welche die Wolke
annehmen kann
8 Der Gott des Himmels ist Indra, seine Diener die Wolken. Die
Pushkaravartakas sind die Wolken, welche am Ende jedes Weltalters die
Sündfluth bewirken und bis dahin an den Bergen im äussersten Norden ruhen
9 Der Gott des Reichthums und Herr der Jakschas
10 Hara ist ein Name des Siva, der den Mond als Diadem auf seinem Haupte
trägt
11 Dies bezieht sich auf eine schöne Sitte der indischen Frauen, die wenn
der Geliebte in die Ferne zog, ihr Haar in eine herabhängende Flechte
zusammenbanden und es nicht wieder lösten, als bis der Zurückgekehrte es
selbst thun konnte
12 Ein Vogel, der kein andres Wasser, als Regentropfen trinkt, die er im
Fluge erhascht. Er bringt Glück, wenn er zur Linken fliegt, während sonst
die meisten Vögel zur Rechten eine günstige Bedeutung haben
13 Da die Balakas zur Regenzeit ihre Brutzeit haben, so bringt ihnen die
Wolke gleichsam reichen Segen; es sind die Kraniche, die bekanntlich immer
in geordneten Zügen fliegen
14 Die Schwäne, oder vielmehr Radschahansas, ziehen jährlich mit den
Wolken von Süden nach Norden und wir finden sie, als ihre Begleiter, noch
öfter erwähnt. Das Ziel ihrer Reise ist der Manasasee, am Fusse des
Kailasa, dieses fabelhaften Berges, den die Sage in das Innere des
Himalaja setzt
15 Dies ist eben der Ramaberg, auf dem sich der Jakscha befindet, und die
Wolke, wie bei einem alten Freunde, ausgeruht und in ihrem Regen, Thränen
geweint hat, aus Schmerz über die lange Trennung, da sie nur einmal im
Jahre zusammenkommen können
16 Die Tschandrakantas scheinen eine Art Edelsteine gewesen zu sein, die,
obgleich das, was man von ihnen erzählt, wunderbar scheint, doch wohl
wirklich existierten und als Schmuck gebraucht worden sind. Sie sollen
nämlich aus den Strahlen des Mondes zusammengefroren sein, und auf
Schnüren gereiht zog man sie in den Stuben auf, damit, wenn das Mondlicht
sie beschiene, kleine Tröpfchen aus ihnen hervorschmelzen möchten. Auf
jeden Fall liegt dem Ganzen eine wirkliche Naturerscheinung zu Grund, die
bis jetzt jedoch unbekannt scheint
17 Dies bezieht sich auf die Mythe vom Liebesgott, der, als er den Pfeil
der Liebe in das Herz Siva's schiessen wollte, von dessen Augen zu Asche
verbrannt ward. Erst nach langen Bitten seiner Frau und der andern Götter,
den Körper des Liebesgottes wieder zu beleben, erlaubte Siva, dass er ohne
Körper wieder erstünde und nur in der Seele der Menschen und Götter lebe.
So ward der Liebesgott als Ananga (Körperloser) wiedergeboren, und der
Dichter sagt, er verstecke seinen Bogen, so oft er den Freund Siva's oder
Kuvera's d.h. eben den Siva, zum Kailasa kommen sehe. Der Bogen des Ananga
hatte übrigens einen Senne von Bienenreihen und Blumenpfeilen. Hier
werden, wie oft, die Blicke der Frauen mit den Pfeilen, der Bogenstock mit
den gebogenen Frauen verglichen. Um das Bild noch weiter durchzuführen,
wird die Senne auch mit den Augenwimpern verglichen
18 Es geht hieraus hervor, dass der Bogen über der Thür des Hauses mit den
bunten Farben des Regenbogens geschmückt war
19 Der Manasa ist der oft erwähnte See in der Nähe des Kailasa, wohin
alljährlich die Schwäne fortziehn. Es ist also ein Lob für den schönen
Teich im Garten des Jakscha, dass es die Schwäne, auch wenn die Wolke
naht, nicht zum Manasa fortzieht
20 Bei diesem Verse hat der Dichter eine indische Blumensage schön
benutzt. Man glaubte nämlich, dass der Asoka nur erblühe, wenn ihn der
Fuss einer schönen Frau berührte und ebenso der Kesa, wenn ihn ihre Lippen
geküsst hätten. Der Dichter beschreibt also seine Geliebte, wie beide
Blumen sich zu ihr emporranken, von derselben Sehnsucht getrieben, die
auch den Verbannten quält
21 "Euer Freund" d.h. der Freund der Wolken. Es ist aus frühern Versen
bekannt, wie die Pfauen erfreut sind, wenn sich die Wolken nahen
22 Die hier erwähnten Bilder des Lotos und der Muschel, welche auf den
beiden Thürflügeln des Hauses gemalt sind, haben noch ihre besondere
Bedeutung. Entweder sind es überhaupt heilige Zeichen, um Unglück von dem
Hause abzuwehren, oder sie stellen zwei von den neun fabelhaften Schätzen
Kuvera's dar, welche auf dem Kailasa gehütet wurden
23 Die dunkelrote Bimbafrucht
24 Die Tschakravati ist die Anas Casarca, die in Indien gewöhnlich unter
dem Namen Brahmany-Ente bekannt ist. Man kann beobachten, dass diese Vögel
am Tage stets paarweis fliegen, aber man sagt, dass sie nachts getrennt
bleiben. In der Hindoostance Philology von Gilschrist und Roebuck wird ein
interessanter Bericht über diesen Volksglauben gegeben: "Dieser Vogel ist
in der Poesie der Hindus ihre Turteltaube, was Treue und eheliche Liebe
betrifft, mit der Eigenheit, dass das Paar für immer zu nächtlichem
Getrenntsein verdammt ist, weil ein indischer Heiliger einst von ihnen
beleidigt ward.(...)"
25 Es war sehr häufig, dass man in Indien Vögel in Käfigen hegte,
die man sprechen gelehrt hatte. Ein solcher Vogel ist auch die Sarika,
eine Art Drossel, und die Gattin fragt sie, ob auch sie des fernen Gatten
denke, dessen Liebling sie gewesen sei, da sie so stumm da sitze und so
wenig rede, als die Verlassne selbst
26 Es war Sitte, dass die Frauen in Indien, die von ihren Männern
verlassen waren, zu gewissen Zeiten Blumen an die Hausthür hingen. Indem
sie nun später diese Blumen wieder abnahmen und die Zahl derselben von der
Zeit des Wiedersehns abzogen, so fanden sie, wie lange die Trennung noch
dauere
27 Zum richtigen Verständnis dieses Bildes erinnere man sich der Sage vom
Sonnenlotos. Da dieser die Nacht hindurch schläft und nur erwacht und
erblüht, wenn die Strahlen der Sonne ihn erwärmen, so sagt der Dichter
hier, das Auge der Geliebten, das sich bald öffnet und bald wieder
schlummernd schliesst, gleiche diesem Lotos, wenn er an einem trüben Tage
weder freudig erblühen, noch auch ruhig schlafen könne
28 Vers 94 musste ich leider hier übergehen, da er, obgleich nach
indischem Geschmack natürlich, doch für uns nicht ohne Anstoss sein möchte
29 Maithili ist ein andere Name der Sita, der Gattin des Rama, die, als
sie mit ihrem Manne in die Waldeinsamkeit sich begeben hatte, dort vom
Ravana geraubt und nach Lanka auf Ceylon geführt ward. Hier fand sie
endlich Hanuman, der Sohn des Pavana (des Windes), der als treuer Gefährte
des betrübten Rama, hinüber nach Ceylon gekommen war und ihr Trost und
Kunde von dem Geliebten brachte
30 Eine zarte Pflanze, mit der die indischen Mädchen oft wegen ihres
schlanken, feinen Wuchses verglichen werden
31 Der Vers 104. ist wahrscheinlich unecht
32 Kesava, ein Name des Vischnu, der auf der tausendköpfigen Schlange das
Jahr hindurch schläft und im Herbste, im Monat Kartika (Oktober -
November) sich erhebt. Da nun zu jener Zeit der Fluch des Jakscha aufhört,
so sind noch 4 Monate vom Aschadha, wo die Wolken erscheinen, bis zum
Wiedersehn, und er sagt daher zur Gattin, sie möge so lange die Augen
schliessen, damit sie von der Welt und ihrem Schmerze nichts wisse
33 Die Gattin des Gewölks ist die Leuchtung.
Übersetzt von Friedrich Max
Müller (1823-1900)
Aus: Meghaduta oder der
Wolkenbote
eine altindische Elegie
dem Kalidasa nachgedichtet und mit
Anmerkungen begleitet von
Dr. Max Müller
Königsberg 1847
Biographisches:
Kalidasa, ind. Epiker, Dramatiker u. Lyriker, wahrscheinl. Ende 4./Anfang
5. Jh. n. Chr. am Hof der Gupta-Kaiser. Größter Dichter Indiens; als s.
frühesten Werke gelten zwei Epen: der 'Kumarasambhava' in 17 Gesängen (sarga),
dem Titel zufolge die Geburt des Kriegsgottes (Kumara, Karttikeya, Skanda)
schildernd; die Darstellung gelangt jedoch in den ersten 8 mit Sicherheit
von K. verfaßten Gesängen nur bis zur Hochzeit von Siva u. Uma (Parvati),
den Eltern des Gottes, während die restl. 9 Gesänge, ihrer Sprache nach
zweifellos von zweiter Hand stammend, die den Puranas entnommenen Mythen
über Kumaras Geburt u. Taten wiedergeben; der 'Raghuvamsa' behandelt in 19
Gesängen (sarga) die Geschichte der legendenhaften Könige von Ayodhya (Audh),
d. h. die des Rama in Gestalt e. Zusammenfassung der Hauptereignisse des 'Ramayana'
bei gleichzeitiger ausführlicher Darstellung einzelner Szenen (Gesänge
X-XV), die s. unmittelbaren Vorfahren Dilipa, Raghu, Aja u. Dasaratha
(Gesänge I-IX) sowie s. unmittelbaren Nachkommen Kusa, Atithi u. 19
weiterer Könige (Gesänge XVI-XVIII); Gesang XIX behandelt Agnivarna, den
letzten der Dynastie, e. verweichlichten, nur dem Genuß sich ergebenden
Despoten. Beide Epen zählen neben Bhattis 'Ravanavadha', Bharavis 'Kiratarjuniya',
Maghas 'Sisupalavadha' u. Sriharsas 'Naisadhacarita' zu den 6 'großen
Epen' (mahakavya) der klass. ind. Lit.; gleichfalls zu den 'großen Epen'
wird der 'Meghaduta' (Wolkenbote) gerechnet, e. lyr. Gedicht von 111
Strophen, worin e. verbannter Yaksa (dienender Geist am Hof Kuberas, des
Gottes des Reichtums) e. Wolke den Weg nach der Stadt Alaka
u. zu s. dortigen Haus beschreibt u. ihr e. Botschaft für s. Gattin
aufträgt; das Werk, das sich bes. durch lebendige Naturschilderungen,
eindringl. Darstellung des Gefühls u. Reichtum an Vergleichen auszeichnet,
ist häufig nachgeahmt worden. Unter K.s Dramen ist das früheste 'Malavikagnimitra',
e. Schauspiel (nataka) in 5 Akten, das die Liebesgeschichte des Königs
Agnimitra von Vidisa u. der s. Hauptgemahlin als Zofe dienenden Prinzessin
Malavika zum Vorwurf hat; das 'Vikramorvasiya' od. die 'Urvasi',
gleichfalls e. Schauspiel (trotaka) in 5 Akten, behandelt die bereits im 'Rgveda'
( Veda) erzählte u. später im 'Satapatha-Brahmana' ( Brahmana)
überlieferte Legende von der Liebe des Königs Pururavas zu der Elfe Urvasi;
obgleich ihm der das 'Malavikagnimitra' auszeichnende rasche Fortgang der
dramat. Handlung abgeht, enthält das 'Vikramorvasiya' lyr. Passagen von
hoher Ausdruckskraft; K.s bedeutendstes Drama u. zugleich das berühmteste
Werk der ind. dramat. Lit. überhaupt ist die 'Sakuntala' od. 'Abhijñana-sakuntala',
e. Drama (nataka) in 7 Akten, das auf e. im 'Mahabharata' wie im 'Padma-purana'
( Purana) enthaltenen Legende fußt; die Liebe u. heiml. Heirat von König
Dusyanta u. Sakuntala, der Pflegetochter des Einsiedlers Kanva; der Fluch
des Asketen Durvasas, der Dusyanta Sakuntala vergessen läßt, u. ihre
schließliche neuerl. Vereinigung, als Dusyanta, dem der Ring, den er
Sakuntala einst gegeben hat, von e. Fischer gefunden u. überbracht, die
Erinnerung an Sakuntala zurückgibt, bei dem Seher Marica seinen u.
Sakuntalas Sohn u. damit sie selbst wiederfindet. Das Drama, das in vier
versch. Rezensionen vorliegt, zählt
mit der eindringl. Kraft s. Sprache u. der subtilen Zeichnung s. Gestalten
zu den größten Dichtungen der Weltlit. K. werden e. Reihe von anderen
Werken
zugeschrieben, darunter der 'Rtusamhara' (Kurze Beschreibung der
Jahreszeiten), e. Gedicht, das die Jahreszeiten und ihre Liebesfreuden
beschreibt, der 'Srngaratilaka' (Stirnornament der Liebe), e. Sammlung von
erot. Strophen, die Epen 'Setubandha' u. 'Nalodaya' u. a. m. K.s Werk
bildet den Höhepunkt der klass. ind. Kunstdichtung; obgleich oft nachgeahmt,
hat doch kein ind. Dichter vor oder nach ihm je die Vollkommenheit u.
Harmonie s. Dichtungen erreicht.
AUSGABEN: Kumarasambhava I-VII hg. A. F. Stenzler 1838, n. 1965; VIII-XVII
hg. in 'Pandit' 1866; hg. K. P. Parab 31893; hg. V. L. S.
Pansikar 1908; hg. Suryakanta 1962; I-VII hg. S. R. Sehgal, n. 1966;
I-VIII hg. M. R. Kale 71981
(I-VII lat. A. F. Stenzler 1838, n. 1965; engl. R. T. H. Griffith 1853, n.
1965; d. O. Walter 1913); Raghuvamsa hg. A. F. Stenzler 1832, n. 1965; hg.
G.
R. Nandargikar 31897, n. 51982 (lat. A. F. Stenzler
1832, n. 1965; d. O. Walter 1914; franz. L. Renou; engl. G. R. Nandargikar
31897, n. 1971); Meghaduta hg. J. Gildemeister 1841; A. F.
Stenzler 1874; E. Hultzsch, Lond. 1911; S. K. De 1957; P. C. Bhattacharya
1981 (d. M. Müller 1847, C. Schütz 1859, L. Fritze 1874, O. v. Glasenapp
1953; engl. H. H. Wilson 1813, 31961, F. u. E. Edgerton 1964,
L. Nathan 1976); Malavikagnimitra hg. S. P. Pandit 21889, F.
Bollensen 1879, K. P. Parab 1890, M. R. Kale 1960 (d. A. Weber 1856, L.
Fritze 1881), Sakuntala, bengal. Rez. hg. R. Pischel 1877, n. 1922;
DevanagariRez. hg. M. Monier-Williams 41976; N. B. Godabole u.
K. P. Parab 31891; M. R. Kale 1898, n. 1977; C. Cappeller 1909;
C. R. Devadhara 1966;
D. K. Kanjilel 1980 (d. E. Meier 1867, F. Rückert 1876, L. Fritze 1877, H.
C. Kellner 1890, H. Losch 1960, engl. M. B. Emeneau 1962, M.
Monier-Williams 81898, n. 1979); Vikramorvasiya (Urvasi) hg. F.
Bollensen 1846, K. P. Parab
21897, S. P. Pandit 31901, H. D. Velankar 1961, S.
N. Shastri 21976; südind. Rez. hg. R. Pischel 1875 (d. F.
Bollensen 1846, L. Fritze 1880); Rtusamhara hg. P. v. Bohlen 1840 (d. P.
v. Bohlen 1840, H. Kreyenborg 1974; O. Fischer 1910). - Grauthavali hg. V.
P. Joshi 1976, R. Dvivedi 1976, R. P. Tripathi 1978; The Works of K., hg.
u. engl. C. R. Devadhar I 1966, n. 1971. -
Übs.:OEuvres complètes, franz. H. Fauche 1860.
Aus: Autorenlexikon: Kalidasa, S. 5.
Digitale Bibliothek Band 13: Wilpert: Lexikon der Weltliteratur
Siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kalidasa
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