Scheich Ssadreddin aus Konia
gest. i. J. 671
(1273)
Als Adam's Staub mit Liebesthau
geknetet ward,
Entquollen Übel d'raus von tausendfacher Art;
Des Weltgeist's Ader traf der Liebe bitt'rer Schmerz,
Es floß ein Tropfe Blut, der Tropfe war das Herz.
Dieser berühmte Scheich und Dichter, welcher vor Gründung des
osmanischen Reiches lebte und starb, kann zwar nicht den osmanischen,
aber türkischen Dichtern beygezählt werden, weil derselbe zu Malatia
geboren, zu Konia lebte und dort begraben liegt. Sein Nahme (Ism)
Mohammed, der Sohn Ishak's, sein Vornahme (Lakab) Ssadreddin, d.i. der
Ehrensitz des Gesetzes, sein Beynahme (Künijet) Abul maali, d.i. der
Vater der Höhen, ein Beynahme, welchen, so wie den Abul-maani, d.i. der
Vater der Bedeutungen, mehrere große Scheiche und berühmte Dichter der
Araber, Perser und Türken führen. Er war in gelehrte Streitigkeiten mit
Naßireddin von Tus, dem großen persischen Metaphysiker und Astronomen,
verflochten, und der Lehrer Kutbeddin's in der Überlieferungskunde, für
den er zwey seiner Abhandlungen eigenhändig abschrieb. Mewlana
Dschelaleddin, der bey dessen nur ein Jahr vor dem seinigen erfolgten
Tode gegenwärtig, und dem er seine Bestattung empfohlen, verherrlichte
das Andenken dieses großen Mystikers und Dichters durch den folgenden
Viervers:
Ohne dich, wer gibt von ew'ger Wahrheit Kunde,
Von dem Kranken unterscheidend das Gesunde?
Woher kömmt der Schwierigkeiten Lösung,
Kömmt sie nicht aus deinem Wahrheitsmunde?
Aus einer der beyden obgenannten Abhandlungen Ssadreddin's ist der
folgende [siehe oben] Viervers, welcher wohl einer der schönsten und
geheimnißvollsten, welche die mystische Poesie der Morgenländer
aufzuweisen hat.
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