Aus der Geschichte

der Osmanischen Dichtkunst

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1836)



Dschelili


Herz, das keine Wunden hat
Von der Liebe Brandmaal,
Findet Ruhe nimmermehr,
Läg' es auch auf Rosen.
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Die Sonne ist der gold'ne Knauf von Leila's Zelt,
Das angespannt das Herz Medschnun's als Faden hält.
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In meiner Brust hat Lieb' ein Haus des Grams gebaut,
Die Mauer und das Thor hinaus in's Weite schaut,

Die Liebe kleidet sie in mannigfalt'ge Tracht,
Sie wird jetzt als Schirin, dann als Ferhad geschaut.

Ein süßes* Mährchen blieb von seinem Gram zurück,
Ferhad ging fort, doch widerhallt sein Nahmen laut,

Betrunken hat, o Götz! mich Morgenwein gemacht,
Und meiner Sinnen mich beraubt die Perisbraut.

Die Wolke hört vom Schmerze Leila's und Medschnuns,
Da weint sie Regenhuld und heulet donnernd laut.

Dschelili ist von Gram der Liebe aufgezehrt,
Wie Blatt des Herbsts zerstöret von der Windesbraut.

* Wortspiel zwischen Schirin, der Milchige
und Schirin, süß.
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Sonst Hamidisade genannt, aus Brusa, Übersetzer des Schahname, Verfasser eines Diwans, zweyer romantischer Gedichte Chosrew und Schirin, Leila und Medschnun, und der hundertblätterigen Rose, deren er aber keines vollendete. Er war zu Constantinopel der unzertrennliche Trinkgenosse des Dichters Ahi; sie durchzogen mitsammen die Schenken und Bäder Constantinopels, bis Dschelili sich nach Brusa begab, wo er ein genialer Sonderling seines sonderbaren Aufzuges und seiner Schweigsamkeit willen insgemein für einen Narren galt.

 

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Literatur:
Geschichte der Osmanischen Dichtkunst
bis auf unsere Zeit
Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern
von Hammer-Purgstall
Zweiter Band (von der Regierung Sultan Suleiman's des Gesetzgebers
bis zu der Sultan Murad's III. 1521-1574)
Pesth, 1837
Conrad Adolph Hartleben's Verlag

(Seite 399)